Heiter bis wolkig

von Barbara Gröbel, René Putbrese, Sandra Nitz


Ist nach dem Wirbelsturm der Gedanken bei der Berufswahl, die Entscheidung an einem fast klaren Tag auf die Keramik gefallen, so ziehen schon wieder die nächsten Wolken auf. „Warum machst Du so was unrentables?“ ist die häufigste Frage, die wie Regen auf den Keramiker/in einprasselt. Aber wehe, man hat es geschafft, schon fin­den es alle unglaublich beneidenswert. Als sei es ein endlos langer, warmer, sonniger Tag. Man ist ein Exot, schon fast antik.

Warum wir uns für die Keramik entschieden haben? Vielleicht ... weil sie wie das Wetter ist. Nicht so genau voraussehbar, naß feucht, trocken, warm, heiß. Manchmal kann sie deprimierend wie ein trister, nebliger, verregneter Tag sein, doch dann wie­derum inspirierend, kreativ wie der laue Frühlingswind, der die Wolken vertreibt für die ersten Sonnenstrahlen, nach einem langen Winter.


Wie der Wind aus allen Himmelsrichtungen bläst, wie sich Schäfchenwolken zu ei­nem großen Himmelsgebilde durch seinen Einfluß vereinen, wie die Wolken manch­mal in den Bäumen des Westerwald hängen bleiben, so hat es Keramiker/innen aus ganz Deutschland nach Höhr-Grenzhausen geweht, um hier mehr von den Sonnen- und Schattenseiten der Keramik zu erfahren, um danach wieder von einer Böe erfaßt zu werden, die wer weiß, welche Richtung nehmen wird.


Die Keramikfachschule Höhr-Grenzhausen ist, neben wenigen anderen in der Bun­desrepublik verstreuten Ausbildungsstätten, eine der bekanntesten. Für so manch ei­nen war sie Sprungbrett in die Keramikszene.

Die Ausbildung an der Keramik­fachschule dauert 3 Jahre (6 Se­mester). Während der ersten 3 Semester sollen die Kenntnisse in den Bereichen Gefäß­gestaltung, Dekor­ge­staltung, Modell/

For­men­bau sowie Plastik und Relief erweitert werden. Ab dem 4. Se­mester erfolgt eine Spezialisierung in den aufgezeigten Werkstätten nach individu­ellen Gesichtspunkten, um für die verbleibende Zeit an einem selbst formulierten Thema zu arbeiten.
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Neben diesen praktischen Bereichen wird die Ausbildung begleitet von theoretischen Fächern wie Technologie, Trocken- und Brenntechnik, Gestaltungslehre, Kunst­geschichte, Masseuntersuchungen und –entwicklung, Glasurentwicklung und Zeichenunterricht.
Dies alles will in 3 Jahren bewältigt werden. Ein Wechselbad der Gefühle, das Stimmungsbarometer zeigt die allersonnigsten Hochs aber auch verregnete, neblige, graue Tiefs auf.
Wen der Wind hierher bläst, der muß Standfestigkeit mitbringen, um sich gegen den Sturm der Einflüsse, Eindrücke und Herausforderungen stellen zu können. Wer klare Ansätze hat, der kann diese hier bestens zielgerichtet weiterentwickeln. In einer windstillen Zeit ist aber auch Freiraum zum Experimentieren.
Rahmen5Wie das Wetter, so unterschiedlich sind die einzelnen Arbeiten der Schüler. Von stürmisch, kraftvollen bis hin zu sanften, klaren Ausdrucksformen reicht das Klima. Wie ein Gewitter kündigt sich eine Idee an. Erst ist es ein leises Grollen, dann ver­dunkelt sich der Himmel, Donner und Geistesblitz folgen, die drückende Schwüle weicht der klaren Luft – die Gedanken sind frei, treten nach außen und warten auf Umsetzung.

Wir, die wir uns momentan die Winde von den Höhen des Westerwald um die Ohren blasen lassen, die Blizzards trotzen, die Krägen hoch schlagen bei Mistral und schwitzen und die Wärme eines sonnigen Tages genießen, sind gespannt auf die rich­tige Thermik, die uns abheben läßt und möglichst weit tragen soll, in die Keramik­welt. Mögen die Zwischenlandungen nicht allzu hart sein, frische Frühlingsluft uns inspirieren, die Feuerkräfte des Sommers den Tanz und die Bewegung schüren, der irdige Duft des Herbstes uns wieder Kraft schöpfen lassen, um die Früchte unserer Arbeit zu ernten.