Der Studiengang Keramik
an der Burg Giebichenstein in Halle


Interview

Herzlichen Dank an Simone Henninger, die mich durch die Burg geführt
und meine Fragen geduldig beantwortet hat.


Im wievielten Jahr studierst du an der Burg?
Ich bin im zweiten Studienjahr, das Vorbereitungsjahr konnte ich, dank meiner Töpferlehre, überspringen.

Wie lange dauert das Studium?
12 Semester.

Wieviele Studienplätze gibt es?
Es gibt maximal 6 Studienplätze, wobei sich im Schnitt 30 Leute auf diese Plätze bewerben. Von den Studierenden sind 90% Frauen, 1/3 alte, 1/3 neue Bundesländer und 1/3 aus dem Ausland.

Wie ist das Studium aufgebaut und wie sind die Inhalte?
Die ersten 6 Semester sind Grundstudium. Im Vorbereitungsjahr werden handwerkliche und zeichnerische Fähigkeiten bzw. Gestaltung und Stilfindung vermittelt. In Bezug auf das Material heißt das sowohl Technologie, Glasuren, Brenntechniken, Tonentstehung, etc., als natürlich auch das Drehen. Beim Drehen liegen die Schwerpunkte auf Becher, Dose, Kanne. Beim Zeichnen auf Portrait und Akt, freie Themen sind dann z.B. Theater, Oper, Zoo.
Im 1. Jahr wird dann (von der Professorin) ein Thema gestellt, das man in etwa „Alltagsgegenstand und Archetyp“ nennen könnte, d.h. Auseinandersetzung mit einem Thema und seinen Variationen anhand verschiedener Massen, Massezuständen (für mich war z.B. der Schlicker ganz wichtig) und diverser Brenntechniken. Als Beispiel: ich habe mir als Thema Mikroorganismen gewählt und am Ende der Entwicklung stand dann die Zelle, aus der ich dann eine Gießform hergestellt habe. Diese Gießform war dann wiederum Grundlage für Oberflächenexperimente, das Thema Dekor stand nun im Vordergrund.
Auch im 2. Jahr gibt es ein gestelltes Thema, wobei der Schwerpunkt jetzt mehr auf dem Inhalt als auf der Technik liegt. Mein persönliches Beispiel ist hier das Thema „Leibgedächtnis“ indem ich mir „die Haut“ erwählt habe. Dazu arbeite ich erst einmal theoretisch und versuche, mich auch über Film und Literatur dem Thema zu nähern. Weitere Beispiele sind Ausstellungen wie die berüchtigten „Körperwelten“ oder das Thema Anatomie ganz allgemein.
Im 3. Jahr beginnt das Hauptstudium und damit das freie Arbeiten.

Wie sieht die Abschlußarbeit aus?
Es gibt 2 Teile: Einmal die schriftliche Diplomarbeit zu einem frei gewählten Thema, z.B. aus der Kunstgeschichte oder der Philosophie. Der andere Teil, für den man 1 Jahr Zeit hat, besteht aus Idee, Konzeptentwicklung und deren Umsetzung, sowie einer Präsentation der Arbeit.

Wie ist die Aufnahmeprüfung abgelaufen?
Alle Fachbereiche der Kunst machen die gleiche Prüfung. Die dauert drei Tage. Jeder, der sich bewirbt, wird dazu eingeladen. Während der ersten Aufgabe (Portraitzeichnen) schauen sich die Profs die Mappen an.

Danach wird ausgesiebt. Den glücklichen „Auserwählten“ werden dann weitere Aufgaben gestellt, wir mußten z.B. ein Plakat entwerfen, ein Tonrelief herstellen, zu einem Gedicht ein Objekt bauen. Abschließend noch ein Gespräch mit den Professoren, das ich für sehr wichtig halte.

Warum haben Sie dich genommen?
Keine Ahnung. Ich hatte ein paar Vorgespräche, u.a. mit meiner jetzigen Professorin, die sicher ganz hilfreich waren. (ha, ha, ha)

Sag doch bitte mal noch was zur Ausstattung Eures Fachbereiches!
lso, es gibt eine Drehwerkstatt und 5 Ateliers für je 2-3 Leute. Labor, Masseaufbereitung, 2 Brennräume, 7 Öfen, davon 2 Gas und 2 Holzbrandöfen, einen für Raku und 2 Tonnen für den Schwarzbrand. An Rohstoffen ist alles da, was das Herz begehrt. Es gibt auch einen Werkstattmeister, der einem sowohl die gewünschte Masse zusammenmischt, als auch in anderen Fällen mit Rat und Tat zur Seite steht.

Was gibt es noch an Fachbereichen und wie ist der Kontakt untereinander? Gibt’s da was Interdisziplinäres?
Das Grundstudium ist schlichtweg interdisziplinär, denn sowohl der Studiengang Plastik, zu dem außer der Keramik noch die Bildhauerei, Metall und Schmuck gehören, als auch die Studiengänge Malerei/Graphik und Kunsterziehung, haben neben dem eigenen Fachthema gemeinsamen Unterricht in den übrigen Fächern – z.B. graphisches Naturstudium, Anatomie, Kunstgeschichte, Philosophie, Gestaltungslehre sowie Psychologie.
Davon abgesehen gibt es noch die Fakultät Design u.a. mit den Fächern Keramik/Glasdesign. Der Schwerpunkt liegt hier auf der Entwicklung von Gießformen (meist für Porzellan).

Hat die Schule Kontakte zum Ausland?
J a sogar sehr gute, wobei der Schwerpunkt auf Europa liegt. Austausch und Förderprogramme werden stark unterstützt. Es gibt gemeinsame Projektarbeit, die im guten Gelingen am Ende auch eine Ausstellung hat.

Gefällt dir die Arbeitsweise? Was vermißt Du?
Ich würde gerne noch fächerübergreifender arbeiten z.B. mit Metall oder dem Computer. Die Fachbereiche sind letztendlich doch ziemlich getrennt.

Christiane Schlegel