Völlig verquaste Glasur

Dies ist das Forum für Glasuren, Dekorprobleme, Oberflächenbehandlung etc.
Antworten
wallenstein
Beiträge: 22
Registriert: Freitag 16. Mai 2014, 13:43

Völlig verquaste Glasur

Beitrag von wallenstein »

Liebe Freunde und TöpferkollegInnen,

erst einmal zu mir, dann werde ich meinen Frust ablassen und euch mit der Bitte um Ratschläge behelligen.
Vielleicht könnt ihr etwas für dieses Porträt und für mein Wohlbefinden tun. ;-)

Ich modelliere locker seit mehreren Jahren, habe dieses Hobby vor einem Jahr wieder aufgegriffen.
Fast ein halbes Jahr mit allen Fehlversuchen und dem Abwenden jedes Fitzelchens "Das könnte noch besser" habe ich an diesem Porträtkopf gewerkelt.
Ich war dann hochzufrieden, als ich ihn für fertig erklärte:

Bild
Vor dem Schrühbrand

Nach dem Schrühbrand machte ich mich auf die Suche nach einer geeigneten Glasur.
Ich fand bei BSZ Essen die Glasur "Schmiedebronze", welche ich dort kaufte.
Nun machte ich alles nach Anleitung (Zusatz auf dem Etikett: "Metallisches Braun, schillernde Oberfläche, seidenmatt. Gute Kombination mit
glänzenden, hellen Farben. Normal bis dicker auftragen") und pinselte den Kopf "normal bis dicker" in guter Hoffnung ein.

Bild
Glasurabbildung aus dem BSZ-Katalog

In meinem Vico-Toplader-Brennofen brannte ich die Glasur nach Vorschrift auf 1050° Grad hoch.
Ich hielt die Temperatur 20 Minuten und ließ den Ofen danach auskühlen.
Als ich dann am anderen Tag den Deckel anhob, bekam ich den Schreck:

Bild
Nach dem Glasurbrand

Der Kopf sieht aus, wie mit Aluminium ummantelt.
Weder "Metallisch Braun", noch "seidenmatt."
Auf keinen Fall möchte ich das so behalten.
Ich bin natürlich wegen der vielen Arbeit mehr als verzweifelt.

Nun habe ich quergelesen, dass es sein kann, dass das Glänzende nicht genug Zeit hatte, wegzubrennen.
Ich habe bei BSZ beim Glasurkauf den Probebrand auf dem Scherben gesehen, der sah nämlich auch ganz ganz anders aus.

Kann ich noch etwas zur Errettung des Kopfes tun?
Soll ich ihn nochmal nachfeuern, höher brennen oder vllt. länger höher halten?

Ich hoffe, jemand kann mir mit dieser Sache weiterhelfen.
Auf gar keinen Fall will ich noch einmal mit einer anderen Glasur drüberbrennen, weil schon jetzt arg viele Details wegglasiert worden sind.

Vielen Dank fürs Lesen und herzliche Grüße,
schickt wallenstein
Migla
Beiträge: 435
Registriert: Montag 26. Dezember 2011, 21:27
Wohnort: Wuppertal

Re: Völlig verquaste Glasur

Beitrag von Migla »

Hallo, in der Vergrößerung ist doch deutlich zu sehen, dass die Glasur sehr unregelmäßig dick aufgetragen wurde ,stellenweise ist der Scherben fast gar nicht mit Glasur bedeckt ,an anderen Stellen dafür umso mehr. Für eine positive Wirkung dieser Glasur ist jedoch ein absolut gleichmäßiger Glasurauftrag unverzichtbar,wie er eigentlich nur durch tauchen oder Spritzen erreicht werden kann . So sind auch die Muster hergestellt. Mit Pinsel auf getragene Glasur sieht oft aus wie schlecht gestrichen. Als weitere Fehlerquelle kommt auch eine Entmischung der Glasur während der Verarbeitung in Betracht,d.h.es ist eine der Glasuren die Stellmittel und/oder ständige Bewegung benötigen. Die einzige "Rettungsmaßnahme" sehe ich im Nachglasieren der nackten Stellen mit derselben , besonders gut eingestellten Glasur und nochmaligem Brand. Gruß migla
wallenstein
Beiträge: 22
Registriert: Freitag 16. Mai 2014, 13:43

Re: Völlig verquaste Glasur

Beitrag von wallenstein »

Hallo Migla,
vielen Dank für die kompetente Antwort.
Aber es gibt keine nackten Stellen.
Das sieht man dem Foto schlecht an: Die sog. nackten Stellen sind nur solche, an denen das Licht sich nicht spiegelt.
Im Grunde sieht die Figur aus, als wäre sie in Aluminiumfolie gewickelt.
Mir würde auch reichen, wenn nur der Glanz verschwände.
nicht mehr angemeldet

Re: Völlig verquaste Glasur

Beitrag von nicht mehr angemeldet »

Hallo Wallenstein,
das ist wirklich schade.
Ich schließe mich Migla an, ich glaube auch, dass die einzige Möglichkeit die ist, den Kopf überzuglasieren und noch einmal zu brennen.
Ich halte es für möglich, dass die Glasur etwas zuviel Temperatur abbekommen hat und dadurch glänzender wurde als auf der Probe von BSZ (finde allerdings, dass die BSZ-Probe auf dem Foto auch ganz schön glänzend ist ... seidenmatt sieht für mich anders aus)
Da wir nicht wissen, was drin ist in der Glasur, ist es müssig darüber zu spekulieren. Ich an deiner Stelle würde bei BSZ anrufen und dort das Problem schildern. Und nachfragen, welche Erfahrungen es dort mit dieser Glasur gibt, bezüglich etwas abweichender Brenntemperaturen, unterschiedlicher Haltezeit und eventuell auch Entmischung beim Verarbeiten, wie von Migla erwähnt.
Ich vermute, dass es besser werden könnte mit Überglasieren und nochmaligem Brand bei etwas niedriger Temperatur und kürzerer Haltezeit. (Ich vermute, du hast keinen Kegel zur Temperaturkontrolle mitgebrannt? - der hätte mehr Aufschluss geben können)
Für nochmalige Üerglasieren die Büste langsam im Ofen erhitzen und dann die mit etwas Glasurkleber versetzte Glasur auftragen.

Und noch etwas, das du hoffentlich nicht übelnimmst:
Es war ganz schön mutig, deine Arbeit auf gut Glück und ohne vorheriges Ausprobieren mit einer Glasur zu bedecken, die du nicht kennst und deren Wirkung du nicht einschätzen kannst.
Eine Glasur auf einem absolut glatten Scherben, wie bei der Probe, wirkt fast immer anders, als auf rauer und nicht ganz glatter Oberfläche wie bei deiner Büste.
Eine Glasur ist nicht einfach ein färbender Überzug wie Lack oder Lasur, sondern es gibt im Brand - du hast es mit Temperaturen von über 1000°C zu tun - immer Wechselwirkungen physikalischer und chemischer Art zwischen Scherben und Glasur. Und gerade das ist doch das Reizvolle daran.
Übrigens, meine persönliche Meinung - ich hätte die Büste überhaupt nicht glasiert.
Eine Glasur legt sich nicht nur wie ein dünner Farbfilm über die Oberfläche, sondern die relativ dicke Glasurschicht liegt gleichmässig über allem, stört Licht- und Schattenwirkung und nivelliert viele Feinheiten und Details.
Falls du nochmal einen Versuch machen willst (nie aufgeben ...), rate ich dir zu einem schwarzbraun brennenden (Bildhauer)-Ton, den du bei Maximaltemperatur oder noch 20° darüber (...ausprobieren!) und unglasiert brennst. Damit habe ich jedenfalls gute Erfahrungen gemacht - das Ergebnis ist eine schwarzbraune und leicht glänzende Oberfläche.
Viel Glück,
Ulrike
wallenstein
Beiträge: 22
Registriert: Freitag 16. Mai 2014, 13:43

Re: Völlig verquaste Glasur

Beitrag von wallenstein »

Hallo Ulrike,

vielen Dank für deine Anregungen.
Von den Glasuren habe ich nun die Nase gestrichen voll.
Ich habe gelernt, dass es ein reines Glück ist, wenn eine Glasur so ausfällt, wie man sie vermeintlich kauft.
Da war ich zu naiv, weil ich dachte, wenn man alles nach Anleitung macht, muss es eben gelingen.
Ich werde in Zukunft nie wieder blind Objekte glasieren, an denen ich mehrere Monate gearbeitet habe.

Am Mittag bin ich in den Baumarkt gefahren und habe schwarze Farbe als Sprühlack gekauft.
Das ist zwar nicht die feine "Englische", aber mit dem Ergebnis bin ich zufrieden.
Noch einmal drüberglasieren wollte ich nicht, alldieweil die Oberfläche dann noch glatter wird und auch das Ergebnis wieder zweifelhaft ausfallen wird.

Ich schau mal in Kürze ein Foto vom schwarzen Kopf zu machen.
Er steht im Garten in der Sonne zurzeit.
Und ja, ich werde nur noch Ton "Extra Schwarz" für solche Büsten nehmen und diesen am Ende schön hochbrennen.
Ohne Glasur. :-)

Danke euch allen fürs Lesen und für die guten Ratschläge.
Grüße,
wallenstein
wallenstein
Beiträge: 22
Registriert: Freitag 16. Mai 2014, 13:43

Re: Völlig verquaste Glasur

Beitrag von wallenstein »

Hallo, liebe Kalkspatze,

hier ist die mit schwarzem Sprühlack (matt) glücklich veredelte Büste.
Ja, damit kann ich leben. :-)

Bild
Es glänzt in echt nicht so sehr
Zuletzt geändert von wallenstein am Freitag 23. Mai 2014, 21:51, insgesamt 1-mal geändert.
keramix
Beiträge: 1
Registriert: Samstag 22. März 2014, 22:49

Re: Völlig verquaste Glasur

Beitrag von keramix »

...ich konnte einmal ein Skulptur mit missglückter Mattglasur durch vorsichtiges Mattieren mittels Sandstrahlen retten...
Antworten