Essgeschirrtaugliche Mattglasuren

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Re: Essgeschirrtaugliche Mattglasuren

Beitrag von nicht mehr angemeldet »

Wenn du dich innerhalb der von Matthes angegebenen Grenzformeln für verschiedene Temperaturbereiche bewegst, müsstest du auf der sicheren Seite sein, was die Stabilität angeht. Gott sei Dank, oder auch Matthes, man muss ja nicht alles neu testen :green:
Ansonsten:
je weniger an Variablen du hast pro Test, desto besser.
Es ist einfacher, den Prozess in mehrere kleine Schritte aufzuteilen. So lässt sich genau ermitteln, welche Wirkung eine, und nur eine, bestimmte Änderung in der Glasurzusammensetzung hat.
Wenn du mehrere Schritte auf einmal machst, kannst du zwar das Glück haben und auf Anhieb einen Volltreffer landen - wenn du den aber nicht landest, kann es schnell völlig undurchschaubar werden.
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Re: Essgeschirrtaugliche Mattglasuren

Beitrag von nicht mehr angemeldet »

Beim Rotkohl vorkochen :schleck: ist mir grade noch was eingefallen zum Thema Stabilität ...
eine wirklich gute Zusammenfassung der wesentlichen Gesichtspunkte:
http://frogpondpottery.com/articles/gla ... rature.pdf
Beruht auf den gleichen Grundlagen wie der Matthes, gibt aber darüber hinaus noch weitergehende Informationen und Grenzformeln für unterschiedliche Zusammensetzungen.

Und hier noch ein Link zu einem online Programm, mit dem sich ein Glasurversatz einfach in eine Segerformel umrechnen lässt:
http://www.online-glaze-calculator.com/

Frohe Weihnachten euch allen! :wink:
Ulrike
madame Alexis
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Re: Essgeschirrtaugliche Mattglasuren

Beitrag von madame Alexis »

Meine Brennkurve für Rotkohl :
30°/h bis 95°, dann halten für 3 Stunden... :D

Danke für die Links. Finde ich auch sehr interessant.
Mir ist auch noch was eingefallen (Es freut den Geist, wenn er was zu tun hat...)
Ich habe bei meinen Proben für Lehmglasuren (1250°) einige schöne matte Ergebnisse erzielt. Da das aber nicht mein Ziel war, hab ich da nicht weitergemacht.
50 Roter Ton, 25 Kalk, 25 Nephelin Syenit + ca. 5 Rutil ( oder was anderes.)

Wünsche euch allen auch schöne Weihnachten und eine erfolgreiche Neuaufladung der kreativen Energien !!
Alex
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Re: Essgeschirrtaugliche Mattglasuren

Beitrag von nicht mehr angemeldet »

... vielleicht auch noch ganz nützlich, und kennt vielleicht nicht jeder:
http://ceramicartsdaily.org/wp-content/ ... Stains.pdf
Mit der Methode kann man viel Zeit sparen ...
Obwohl es sich in dem Beispiel um Einfärbungen mit Farbkörpern handelt, lässt sich das System ohne weiteres auf Zugaben anderer Glasurbestandteile übertragen - hier also Wollastonit/Kreide, Talkum oder Dolomit, und Borfritte.

Bin grade bei der Suppe
... und wenn ich wen nerve, gib mir halt eins aufs Dach :wink:

P.S. Brennkurve Rotkohl ist verbesserungsfähig, nach 3 Std. Haltezeit hab ich Pampe :green:
Ono
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Re: Essgeschirrtaugliche Mattglasuren

Beitrag von Ono »

Das pdf von Hesselberth ist interessant.
Nach einer ausführlichem Analyse der Geschichte von Grenzformeln kommt er am Ende zu dem Schluß, dass die nicht wirklich aussagekräftig sind.
Das Buch von ihm habe ich sogar zu Hause. "Mastering cone 6 glazes" von John Hesselberth und Ron Roy. So in die Tiefe gehend gibt es zum Thema Lebensmittelsicherheit auf deutsch bisher keine Literatur, soweit ich weiß.
Allerdings sind seine eigenen Regeln für stabile Glasuren so streng, dass die komplette Grenzformel für Calzium-Magnesium-Matt-Glasuren von Zeus - äh ne, Matthes - da durchfällt. Erstere fordern mindestens 2,5 SiO2 und letztere fordert höchstens 2,5 SiO2.
Allerdings ist das Kriterium von Hesselberth, dass 5% Kupferkarbonat in der Glasur problemlos sind, und das hatte ich ja nicht vor reinzutun.
Borfritte tut der übrigens reichlich in seine Glasuren. Bis zu 26% Ferrofrit 3134.
Seine Mattglasur ist leider bei mir ganz und gar nicht matt geworden.
Werde mich also eher an Zeus halten.
Genauso eine Dreier (Vierer?)-Mischung wie in dem anderen pdf hatte ich geplant. Mal sehen. Vermute fasst dass es bei Kompromissen in der einen oder anderen Richtung bleibt?

Die Rotkohl-Brennkurve geht gar nicht! Der ist ja schon Matsch bevor die Endtemperatur erreicht ist. Schon mal was von al-dente gehört?
Aber die Lehmglasur probier ich mal mit Kaolin. Geht allerdings schon ziehmlich Richtung Engobe und die sind ja nicht gerade geschirrtauglich.

Schönes Fest mit viel knackigem Rotkohl
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Re: Essgeschirrtaugliche Mattglasuren

Beitrag von nicht mehr angemeldet »

Ono hat geschrieben: Borfritte tut der übrigens reichlich in seine Glasuren. Bis zu 26% Ferrofrit 3134.
Seine Mattglasur ist leider bei mir ganz und gar nicht matt geworden.
Da ich gut in der Zeit bin, alles verpackt, sämtliche Fressalien besorgt -

du wirst ja wahrscheinlich nicht die F3134 verwendet haben?
Meine Erfahrung, auch wenn du die exakt gleiche Formel umrechnest in andere Rohstoffe, Fritten: es haut NIE hin.
Mit anderer Leuts Rezepten ist das so eine Sache, sogar wenn die Fritten die gleichen sind - anderer Quarz, andere Korngröße, ganz zu schweigen von anderem Feldspat, Kaolin, dann nochn anderer Dolomit, Talkum, Kreide ... und alles wird auch anders.
Ich hab ein paar von diesen Amifritten zu Hause und habs spasseshalber mal getestet. Gleiche Formel, mal mit der Fusion F644 und F413 und dann umgerechnet für R&S A2120 (lässt sich gut umrechnen, denn es liegen keine Welten dazwischen in der Zusammensetzung) - aber nix da: bei den Ergebnissen liegen ganze Kontinente dazwischen. Kristalle zwar auch - aber vollkommen anders, nix von dem speziellen Effekt, den nur die F413 macht, nix, einfach nix, wenn auch ganz brauchbar. Frag mich nicht warum, ist einfach so ..
Hab auch schon mal jemandem in Spanien Rezepte von mir gegeben, der dieselbe Fritte verwendet hat, und trotzdem, bei ihm isses völlig anders geworden, weiß der Kuckuck wieso ...
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Re: Essgeschirrtaugliche Mattglasuren

Beitrag von nicht mehr angemeldet »

Ach ja, und vielleicht auch nicht alle Fertigglasur-Käufer sind sich dessen bewusst:

Man ist NICHT auf der sicheren Seite, wenn Fertigglasuren als lebensmitteltauglich deklariert sind im Katalog.
Nicht, wenn man zwei unterschiedliche Glasuren mischt und teilweise übereinanderglasiert (ob nu mit oder ohne "Unterglasur", was auch immer das sein mag) :green:
Machen ja viele und es wird in manchen Katalogen im Namen der Kreativität den Käufern sogar nahegelegt, das zu tun.
Weiß der Himmel, was dabei dann rauskommt, was die Stabilität der Glasuren angeht - von uns hier weiß es jedenfalls keiner.
Dafür müsste man die fragliche Mischung analysieren und berechnen, so wie in diesem Thread ausgeführt, macht doch niemand.

Fest steht aber, dass zwei Glasuren, jede für sich zwar stabil und für Lebensmittel geeignet, durch Vermischung ihrer Komponenten während des Brandes gesundheitsschädlich werden können, Schwermetalle - Kobalt, Kupfer, Mangan - und andere schädliche Stoffe freigesetzt werden können bei Kontakt mit säurehaltigen Speisen. Und ja, Tomatensauce reicht hier schon.
Man gibt nicht direkt den Löffel ab und muss nicht gleich in Panik verfallen, die Menge macht´s wie überall, aber wenn man sich auch sonst Gedanken darüber macht, was man zu sich nimmt, doch eine Überlegung wert? Kinder übrigens vertragen weniger.

Hier noch was zum Thema:
viewtopic.php?f=12&t=4374

viewtopic.php?f=17&t=4028&p=16738

viewtopic.php?f=17&t=4754
Ono
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Re: Essgeschirrtaugliche Mattglasuren

Beitrag von Ono »

Da du das leidige Thema wieder rausgekramt hast, hier mal ein Originalzitat von der Lebensmittelaufsicht:

"Da Ihr Geschirr gewerblich eingesetzt wird, muss der Hersteller, eine schriftliche Erklärung in deutscher Sprache über die Lebensmittelechtheit seiner Lebensmittelbedarfsgegenstände aus Keramik bereitstellen - eine sogenannte Konformitätserklärung:
Nach § 10 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1a Satz 1 BedGgstV dürfen Lebensmittelbedarfsgegenstände aus Keramik nur in Verkehr gebracht werden, wenn der Hersteller eine schriftliche Erklärung in deutscher Sprache mit folgendem Inhalt bereitstellt (Konformitätserklärung):
1. Name und Anschrift des Herstellers
2. Identität des Lebensmittelbedarfsgegenstandes aus Keramik
3. Datum der Erstellung der Erklärung
4. Bescheinigung, dass das Produkt den Anforderungen der Bedarfsgegenständeverordnung und der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 entspricht
Zu 2.:Es sind dazu alle vorhandenen Glasuren aufzuführen. Alle aufgeführten Glasuren müssen auch geprüft werden (siehe zu 4.)
Zu 4.: Die Übereinstimmung mit den rechtlichen Vorgaben muss durch Analysen nachgewiesen werden. Die Nachweise über die Einhaltung der Höchstmengen an Blei und Cadmium nach Anlage 6 Nummer 2 der BedGgstV (Analysenzertifikate) müssen beim Hersteller einsehbar sein. Diese Nachweise müssen mindestens die Ergebnisse der durchgeführten Analysen, die Testbedingungen sowie Name und Anschrift des Laboratoriums, das die Analyse durchgeführt hat, enthalten."

Das heißt, dass nach deutschem Recht jede zum Verkauf bestimmte Glasur im Labor auf Blei- und Cadmiumlässigkeit geprüft werden muss, unabhängig davon, ob sie überhaupt Blei oder Cadmium enthält. Für einen Kleinunternehmer mit 30 Glasuren bedeutet das Insolvenz. "Kafkaesk" scheint hier die passende Vokabel.
Und das ist noch nicht mal aus Brüssel!
Mal sehen, was mit TTIP und CETA noch kommt...
Die können mich mal lieb haben!

Aber ja, wenn denn eine Glasur relevante Mengen Kupfer oder Kobalt, etc. enthält, ist ein Test sicher sinnvoll - auf das, was auch drin ist! (Falls man schon im Bioladen einkauft und sein Trinkwasser filtert. Monsanto-Kunden sollten erst woanders ihre Prioritäten überdenken.)
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Re: Essgeschirrtaugliche Mattglasuren

Beitrag von nicht mehr angemeldet »

Häh?
Ging hier doch um Hobbytöpfer und nicht um gewerbliche :green:
Aber lass mers mal, kann jeder sich sein Teil dazu denken -
oder auch nicht.
Schönen Gruß,
Ulrike :wink:
Ono
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Re: Essgeschirrtaugliche Mattglasuren

Beitrag von Ono »

Weiß nicht, wie du auf Hobby-Töpfer kommst?
Der Kommentar mit den Fertigglasuren machte schon den Eindruck, als hättest du versehentlich den falschen Beitrag geklickt?
Um mal zum Thema zurückzukehren: Es ging hier um Mattglasuren.
Ich habe jetzt endlich mal Zeit gefunden, einen Tag an der Feinwaage zu verbringen, und habe eine Testserie mit 5 und eine mit 10% Calziumborfritte gemacht.
Aber wie ich schon vermutet hatte, sind die Glasuren allesamt matt ODER funktional. Die wenigen Glasuren, die wirklich funktional sind und keine Kratzer von einem Metallgegenstand kriegen, sind alle glänzend. Mit weniger Borfritte wird es auch keinen entscheidenden Unterschied mehr machen, glaube ich, obwohl die Ergebnisse mit 5% tendentiell besser sind.
Vielleicht sind einfach meine Ansprüche zu hoch?
Oder meine Brenntemperatur zu niedrig?
Weiß jemand, ob es überhaupt richtig matte Steinzeugglasuren gibt, auf denen man mit einem Messer schneiden kann, ohne Spuren zu hinterlassen?
Und wenn ja, bei welchen Temperaturen die gebrannt sind?
Mein bestes Ergebnis war übrigens mit Talkum, Wollastonit, Petalit, Zirkonsilikat und viel Kaolin. Falls noch jemand rumprobieren will? Richtig matt und erstaunlich wenig kratzempfindlich.
Die farblose Steinzeug-Mattglasur von C. Jäger habe ich zum Spaß mal mitgetestet. Auch ziehmlich kratzempfindlich.
Scheint also nicht so einfach zu sein?
Vielleicht mache ich doch noch mal Versuche mit Titandioxid, aber ich vermute, dass ich zumindest höher brennen müsste, um bessere Ergebnisse zu kriegen?
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Re: Essgeschirrtaugliche Mattglasuren

Beitrag von nicht mehr angemeldet »

Hallo Ono,
das bezog sich unter anderem auf diesen Thread hier:
viewtopic.php?f=17&t=4754
Vielleicht liest sie ja noch ...
Ich hatte damals keinen Nerv dafür. Wie soll man ein so komplexes Thema wie die Stabilität von Glasuren jemandem erklären, der noch nicht mal willens ist, sich darüber zu informieren, was Kaolin ist ...?
Und ich dachte, die Gelegenheit sei günstig, dieses Thema hier noch mal zu erwähnen, da es wirklich wichtig ist und in den Zusammenhang passt.

Ansonsten:
Jetzt hast du mich dazu gebracht, im Keller zu wühlen und mit diversen Messern drauf rumzukratzen :green:
... ein 30 Jahre alter Teller, Steinzeug, und bei 1220° gebrannt:
Bild

Bild

Ich habe mit allem Möglichen drauf rumgefuhrwerkt, aber keine Kratzer erziehlt. Auch Eisenoxid und Bleistiftstriche lassen sich rückstandslos wieder abwischen.
Die Fotos habe ich gemacht um dich fragen zu können:
Ist das nu ein Matt für dich oder nicht?
Für mich ist es das - richtig Matt. Aber vielleicht verstehst du was anderes darunter?
Das ist eine Feldspatglasur mit Talkum und Wollastonit plus Calciumboratfritte und Titan.
Wenn man die nur 10° höher brennt, bekommt sie einen Seidenglanz. Ebenso, wenn man nur ein halbes % mehr Fritte zugibt.
Nach wie vor - ich halte viel von Systematik.
In diesem Fall also erst Mattieren.
Und erst dann durch steigende Zusätze die richtige Menge an Borfritte ermitteln.
Ich schätze, hier liegt bei dir der Knackpunkt.
Gruß, Ulrike
Ono
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Re: Essgeschirrtaugliche Mattglasuren

Beitrag von Ono »

WOW!
Bin begeistert!
Ist natürlich auf dem Foto nicht so gut zu sehen, aber das sieht schon ziehmlich matt aus.
Also doch mit Titan? Das hatte mir die Intuition schon irgendwie geflüstert.
Freue mich riesig über die Bestätigung, dass es möglich ist, und werde jetzt keine Ruhe finden, bis ich den Gral gefunden habe.
Und eine etwas systematischerere Herangehensweise werde ich mir angewöhnen. Dafür hat mir wohl bisher die Geduld gefehlt.
Habe lieber Unmengen von beliebigen Rezepten probiert und dabei viele wunderbare Zufallstreffer gelandet, aber damit bin ich jetzt wohl an eine Grenze gestoßen.
Zumindest mangelt es mir nicht an Glasuren, die einen guten Ausgangspunkt bilden.
Vielen Dank für das Wühlen im Keller.
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