Verwenden Profis Fertigglasuren?

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mieze9
Beiträge: 5
Registriert: Donnerstag 28. Dezember 2017, 14:49

Verwenden Profis Fertigglasuren?

Beitrag von mieze9 »

Hallo an alle Berufskeramiker,

ich hoffe, dass meine Frage nicht banal rüberkommt. Was ich schon immer wissen wollte: Verwendet ihr Fertigglasuren der bekannten Hersteller? Oder benutzt ihr nur selbst hergestellte Glasuren? Und was ist der Grund dafür?

Danke für eure Antworten, bin echt gespannt darauf!
Olasstudio
Beiträge: 10
Registriert: Sonntag 12. April 2020, 08:45

Re: Verwenden Profis Fertigglasuren?

Beitrag von Olasstudio »

Hi, ich kenne Diplom Keramiker die gekaufte Glasuren auch gern nutzen. Kommt natürlich alles auf das Verhalten des Materials mit dem Ton an... Mancher Ton oder Engobe verträgt sich zum Beispiel nicht mit gewissen Glasuren (z. B. Tongase produzieren Bläschen in der Glasur, manchmal passt die Schmelztemperatur der Glasur nicht zur Brenntemperatur des Tones,...). Ich kenne aber auch Chemiker die z.B. zwei Jahre an der perfekten weissen Glasur arbeiten :) das kommt alles ein bisschen auf das gewünschte Produktdesign an!

Viele Grüße,
Ola
Ursula28
Beiträge: 443
Registriert: Montag 10. März 2014, 17:03

Re: Verwenden Profis Fertigglasuren?

Beitrag von Ursula28 »

Hallo Mieze, es liegen bei mir mehrere Überlungen vor.
Pro selbst Entwickeln:
Zum einen sind die selbst entwickelten Glasuren in der Regel preiswerter. kg Glasur kostet dann vielleicht 3,-€ bis 5,-€/ Kg.
Außerdem hebst Du Dich in der Gestaltung Deiner Arbeiten von anderen ab und bist nicht vergleichbar. (.... schau mal das ist eine Glasur von....)
Es ist spannend die Glasuren selbst zu entwickeln. Ich habe selten eine gekaufte Glasur nach dem Brand so aus dem Ofen geholt, wie sie der Händler abgebildet hatte. Ich war in der Regel mit den Ergebnissen der gekauften Glasuren, sowohl mit dem Aussehn, alsauch mit der technischen Sicherheit nicht zufieden.
Gegen selbst Entwickeln:
Zeitaufwand um eine gute Glasur zu Entwickeln ist oft hoch.
Eine gekaufte Glasur ist schnell angesetzt, braucht oftmals nur mit Wasser über Nacht eingesumpft und dann aufgerührt werden.
Lagerung der Rohstoffe braucht Platz...
Ich halte es für sinnvoller sich ein gutes Glasurbuch zu kaufen und Glasuren selbst anzusetzen. Es gibt inzwischen viel Glasurbücher....
Emanuel Cooper, Linda Bloomfield, .....
Gruß Ursula
leckerpott
Beiträge: 158
Registriert: Dienstag 21. Mai 2019, 10:19
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Re: Verwenden Profis Fertigglasuren?

Beitrag von leckerpott »

Es gibt nichts verwerfliches darin Glasuren einzukaufen. Wenn es eine Fertigglasur gibt, die für den richtigen Brennbereich entwickelt ist, die richtige Oberfläche und Farbe hat, kaufe ich die Glasur ein. Pulverglasuren sind preislich garnicht so selten recht nah an dem Rohstoffpreis, gerade Fritten können sehr teuer sein. Problem ist, dass ich dann schwerer Abwandlungen dieser Glasur machen kann und ich bin etwas abhängig vom Hersteller. Außerdem habe ich eventuell Vorstellungen, die ich so nicht im Angebot finde. Gerade matte Glasuren sind nicht allzu zahlreich. Aber wie schon erwähnt: das Selberanrühren von Glasuren ist eine Erweiterung der Werkstatt, welches für mich ziemliche Folgekosten hatte. Allein die Menge an Eimern, die sich bei mir nun stapeln, haben nicht unwesentlich ins Budget gehauen. Feinwaagen, Mixer, Behälter für Glasurtests, Rohstoffe, Bücher, Workshops. Darüber hatte ich im vorhinein garnicht so nachgedacht und bin da etwas blauäugig reingestolpert. Man kann das alles auch Low Budget starten, man muss sich nur etwas bewusster dafür entscheiden. Am meisten hat es mich wohl Zeit gekostet, nicht nur das Lernen und Auseinandersetzen, sondern auch das systematische Testen kosten sehr viel Zeit. Aber das liegt auch zweifelsohne an meiner "alles oder nichts" Mentalität, für mich hieß das, dass eine kleine Entscheidung einen ziemlichen Strudel losgelegt hat. Um Erfolge zu haben muss man auch recht viele Tests machen, auch das war mir nicht so klar. Man startet also mit einem simplen 20x5 Glasurenansatz von glazy.org oder aus einem Glasurenbuch, das wird dann nicht ganz so wie abgebildet und wie man sich das vorgestellt hat. Hm, woran liegt das. Versuche ich halt eine andere...hm, auch nicht das, was ich wollte. Hm, beleg' ich mal nen Kurs. Im Kurs lerne ich einen systematischen Ansatz zum Testen, d.h. ich probiere 5 weitere Glasuren und habe noch mit keiner Farbe bzw. Oxiden gearbeitet. Dann kann ich also noch mit unterschiedlichen Prozenten von Oxiden arbeiten. Puh, ein bis fünf von 30 Tests sind ganz gut, eins richtig klasse. Dafür lohnt es sich dann- aber habe ich mir das am Anfang so vorgestellt? Sicher nicht. Würde ich es wieder machen? Wahrscheinlich schon, einfach weil es eine weitere Welt in der Keramik eröffnet. Ich ärgere mich allerdings immer noch über mich selber, weil ich so naiv an das Selberanmischen von Glasuren rangegangen bin. Es kann sehr frustrierend sein und darauf war ich null vorbereitet. Auch meine ganzen Glasurbücher, in denen hunderte Rezepte enthalten sind, allen voran der Matthes, sehe ich nun mit anderen Augen. Ich muss ja "eigentlich" nur eine Basisglasur finden, die sich mit meinem Ton und meinen Brennbedingungen verträgt und die Oberfläche aufweist, die mir gefällt.

Am Ende würde ich mir Gedanken machen über meine Farbpalette, die mir vorschwebt und ob ich so etwas erwerben kann. Am Ende nutzt man ja auch recht wenige Glasuren, nicht zuletzt, weil man die testen lassen muss für funktionales Geschirr.

Ich arbeite jetzt das zweite Jahr an einer Glasur und bin gerade mehr oder weniger wieder am Anfang gelandet. Ich hoffe nach wie vor auf den baldigen Durchbruch. Das ist meine individuelle Erfahrung damit, kann sein dass meine Erfahrung besonders holprig war, aber so kann es halt auch laufen.
https://leckerpott.de
Maria Ortiz Gil
Beiträge: 1012
Registriert: Dienstag 1. März 2016, 13:14

Re: Verwenden Profis Fertigglasuren?

Beitrag von Maria Ortiz Gil »

Ein wesentlicher Aspekt wenn man Serien herstellt und auf Bestellung arbeitet, z. B., wenn man Geschäfte beliefert ist, dass es passieren kann, dass eine gekaufte Glasur plötzlich vom Hersteller nicht mehr angeboten wird, oder das dieser etwas daran verändert. Kein Hersteller von Glasuren wird dir jemals das Rezept verraten und welchen Rohstoff er ausgewechselt hat. Manchmal genügt es, wenn ein Ersatz-Rohstoff zwar chemisch identisch, bei Mineralien aber aus einer anderen Lagerstätte stammt oder in einer anderen Körnung enthalten ist, damit eine Glasur speziell bei deiner Art des Auftrags nicht mehr den gewünschten Effekt ergibt. Das kann bei einer Geschirrserie katastrophale Folgen haben.
Deshalb ist man mit selbst angerührten Glasuren eher auf der sicheren Seite.

Dennoch gibt es Glasuren die so universell einsetzbar sind, dass man sie dann um Zeit und Aufwand zu sparen lieber kauft, z.b. als Innenglasur in geschlossenen Gefäßen usw. Dafür kann man aber auch sehr gut Reste nehmen, nur reichen die je nach dem wie viel man produziert vielleicht nicht aus.

Schönen Gruß
Maria
mieze9
Beiträge: 5
Registriert: Donnerstag 28. Dezember 2017, 14:49

Re: Verwenden Profis Fertigglasuren?

Beitrag von mieze9 »

Zuerst einmal danke für eure ausführlichen und ehrlichen Antworten! :daumen:
Ich bin als Hobby-Keramikerin immer wieder begeistert über das Forum und die zahlreichen Mitglieder hier, die einem mit ihrem Wissen tatkräftig weiterhelfen, großes Dankeschön!
Das Thema Wirtschaftlichkeit spielt wohl auch hier bei den Glasuren eine große Rolle. Ich muss bei meinen Ausgaben für die Farbgebungsmöglichkeiten sehr genau überlegen, wofür ich mich entscheide. Besonders die amerikanischen Glasurenhersteller haben ja ziemlich hohe Preise :?
Aber die Kosten für das selbst Herstellen schlagen durch das Testen ganz schön zu Buche, auch weil man ja die eigene Arbeitszeit mitkalkulieren sollte.
Nichtsdestotrotz ist es spannend, wenn dann ein Glasurenrezept gelingt und schöne Ergebnisse liefert :love:

Ich wünsch euch eine schöne Woche und frohes Schaffen!
Ursula28
Beiträge: 443
Registriert: Montag 10. März 2014, 17:03

Re: Verwenden Profis Fertigglasuren?

Beitrag von Ursula28 »

Hallo Mieze, besonders zu buche schlagen natürlich die fertigen streichfähigen Glasuren. Wenn man den Preis umrechnet, kostet eine 250 ml Bootz Glasur ca. das 8 fache einer trocken ein geogenen Glasur zuzüglich des Anpastmittels, welches Du zum streichfähig einstellen benötigst.
Du kannst jede trocken eingewogene Glasur selbst ansetzen und steichfähig einstellen. Bei den Händlern in Höhr-Grenzhausen kannst Du Dich beraten lassen.
Gruß Ursula
Laborfuerdesign
Beiträge: 176
Registriert: Samstag 3. September 2016, 16:21

Re: Verwenden Profis Fertigglasuren?

Beitrag von Laborfuerdesign »

Also ich bin kein Profi, aber ich teste für mein Leben gerne Glasuren und verbringe mehr Zeit damit, als mit Töpfern. Je nachdem welche Optik du magst, kannst du eine fertige Glasur finden, die ein zweimal testen und du bist für Jahrzehnte gut versorgt. Das gilt vor allem für glänzende Glasuren mit "simpler" Oberfläche. Die kannst du dann auch leicht durch Zugabe von Farbkörpern oder Oxiden farblich modifizieren. Was aber, wenn du interessante Kristallisationen magst, bestimmte Oberflächen, vielleicht einen bestimmten Typ von Glasur? Ich mag z.B. Zink Barium/Strontium Kristallglasuren, und die kann man nicht kaufen. Und selbst wenn, ohne das Rezept genau zu kennen, kann man diese Glasuren schwer bis gar nicht anpassen. Das ist dann ein Gestochere im Dunkel und fühlt sich sehr "unmündig" an. Ich hatte auch schon fertige Glasuren, die eigentlich wunderbar waren aber auf meinem Ton, mit meiner Brennkurve, kleine Macken aufwiesen. Ohne das Rezept zu kennen, ist es Zeitverschwendung, an solchen Glasuren rumzutüfteln. Mich fasziniert ausserdem die Glasurchemie rein an sich und ich habe Spaß an immer neuen Experimenten. Man muss aber bedenken, dass kostet richtig viel Geld und vor allem Zeit. Endlos Zeit. Hat man keinen kleinen Ofen extra für Tests, dann dauert das ganze ewig, denn man kann seine Proben ja nur alle paar Wochen mal in den grossen Ofen mit reinstellen. So vergehen Monate oder Jahre, bis man mal mit etwas zufrieden ist. Würde ich versuchen, mit dem Töpfern Geld zu verdienen, könnte ich mir das nie leisten. Im Gegenteil, ich musste neulich für das Entsorgen der Probegefäße eine Bauschutt Gebühr bezahlen, in meinem Garten war einfach kein platz mehr für Scherben :lol:

Was das Geldsparen angeht, es sei denn man kauft seine Rohstoffe in 50 Kilo Gebinden, spart das selber Anmischen nicht unbedingt Geld.
Gerstley Borate und amerikanische Fritten, Fritten überhaupt, kosten recht viel Geld. Zinn und Lithium sind sehr teuer, Kobalt kostet ein Vermögen, Wolfram und Wismut kann man sich eigentlich überhaupt nicht leisten, genauso wenig wie die in den USA beliebten seltenen Erden. Ehe ich alles zusammen hab, was ich zum Glasuren Testen brauche, muss ich hunderte Euro in Rohstoffe investieren. Auch wenn vor allem die Oxide dann ewig halten. Meiner Meinung nach lohnt sich das selber Mischen finanziell nur für solche Glasuren, die wirklich speziell und so nicht erhältlich sind. Ein einfaches Zinnweiss oder vor allem Transparent kriegt du kaum billiger gemischt als der Händler es dir verkauft. Plus, beim Selber mischen brauchst du wertvolle Zeit und hast immer das Risiko, dass du dich vertan hast und über mehrere Brände hinweg Anpassungen machen musst.
Wenn du nicht wirklich Spass an der Glasurchemie an sich und dem endlosen Anrühren von Proben hast, dann sei vorsichtig. Denn obwohl man manchmal mit einem Rezept aus dem Internet einen sofortigen Volltreffer landen kann (eine meiner schönsten Glasuren war beim ersten Test sofort perfekt. Ich hab nicht einen Hauch dran gearbeitet und benutze sie noch heute so wie sie bei glazy.org drinstand.) ist es meistens eine sehr langwierige und teure Aufgabe eine Glasur zu entwickeln. Hast du es dann aber geschafft, dann kannst du stolz wie Bolle sein, und Niemand kann dich fragen, wo er denn deine Glasur kaufen kann. :wink:

PS, ein Tipp noch. Braucht du Eimer für deine Rohstoffe, schau mal bei Ebay und Ebay Kleinanzeigen rein. Dort verkaufen immer wieder Gastronome und Altenheimmitarbeiter die Eimer, in denen Joghurt und Schlagsahne etc geliefert werden. Das sind generische weisse Eimer, Lebensmittelecht und fest schließend. Ich hab dutzende von denen in 3, 5, und 10 kilo Größen für ein paar Euro gekauft... ausgewaschen. Wenn du kleine Behälter für Farbproben, Oxid Gemische etc. bauchst, dann schau bei dem online Händler mit "A" nach (nicht lachen) Urin Proben Bechern. Die gibt es für Centbeträge das Stück und die schließen dicht und haben eine Ml Skala an der Seite, perfekt.
mieze9
Beiträge: 5
Registriert: Donnerstag 28. Dezember 2017, 14:49

Re: Verwenden Profis Fertigglasuren?

Beitrag von mieze9 »

Danke auch an Ursula und Laborfuerdesign für eure Antworten!

Bis vor ein paar Monaten habe ich ausschließlich fertige, streichfähige Glasuren verwendet und bin nun erstmals in die Verwendung von fertig gemischten Pulverglasuren eingestiegen. Ich finde es auch mit Fertigmischungen bereits ziemlich spannend, wenn man sie zusammen verwendet (nebeneinander, aufeinander, auch miteinander gemischt). Auch da sollte man Probestücke machen, denn Überraschungen (positiv wie negativ) gibt es immer. War mit einigen Ergebnissen schon sehr glücklich bisher. Ich bin aber aus Ofengründen leider auf den Bereich bis 1100 Grad eingeschränkt (schade, weil gerade der Hochbrand tolle Glasureffekte und Farbspiele bringt). Noch traue ich mich nicht an das Selbermischen, mein Budget ist momentan erst mal aufgebraucht.

Eine Frage noch: Wenn ihr Glasuren zum Tauchen oder Gießen ansetzt (Fertigmischung oder selbst gemischt), nehmt ihr da grundsätzlich Zusätze wie Stellmittel und Glasurleim? Habs bisher weggelassen, hatte aber unschöne Abroller.

Das mit den Eimern und den Bezugsquellen ist ne gute Idee, für kleine Mengen hab ich bisher Jogurtkübel (1 l) verwendet, die hab ich jede Menge :D

Schönen Tag und frohes Schaffen!
Ursula28
Beiträge: 443
Registriert: Montag 10. März 2014, 17:03

Re: Verwenden Profis Fertigglasuren?

Beitrag von Ursula28 »

Hallo Mieze, ich gebe jeder Glasur 1-2% Bentonit hinzu...
Über Nacht schön mit quellen lassen, dann lässt es sich gut mit durchsieben. Eisdielen haben immer Eimer...
Gruß Ursula
Maria Ortiz Gil
Beiträge: 1012
Registriert: Dienstag 1. März 2016, 13:14

Re: Verwenden Profis Fertigglasuren?

Beitrag von Maria Ortiz Gil »

Hallo Mieze9,

ich habe nie Stellmittel nehmen müssen, es hängt von der Zusammensetzung der Glasur ab ob man welches braucht und ich hatte mit meinen selbst entwickelten und angerührten Glasuren zufällig Glück.

Abroller haben eigentlich ganz andere Ursachen. Im Forum gibt es einiges darüber zu lesen.

Schönen Gruß
Maria
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