Verkaufspreise

Wieso, weshalb, warum ...
Alles was nirgend wo anders rein passt soll hier rein!
madame Alexis
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Verkaufspreise

Beitrag von madame Alexis »

Hallo liebes Forum,

Eine Tasse aus Steinzeug, unverziert, glasiert, ca. o,4 ltr. Inhalt, kostet bei mir im Laden 13 €. Ist nicht besonders teuer, finde ich. Nun habe ich eventuell die Möglichkeit, ein kleines Cafe mit Geschirr auszustatten. Da die meine Sachen sowieso schon auf Kommi verkaufen (im angeschlossenen Laden), wäre das vielleicht eine gute Werbemaßnahme. Jetzt mache ich mir Gedanken über den VK in dem Fall. Ich hab ausgerechnet, das bei sieben Euro ein kleiner Gewinn für mich bleibt plus gesteigerte Verkäufe bei der (normalpreisigen) Kommissionsware.....Gleichzeitig denke ich "was Wahnsinn, gedrehte Tassen für sieben Euro zu verkaufen ! " da arbeite ich mich ja arm !! Ich kann auch noch nicht sagen, über welche Stückzahlen wir hier reden. Versteht ihr meinen Zwiespalt und wer hat eine Meinung dazu - oder Erfahrungen ?
Freu mich auf eure Kommentare,

Alex
Ursula28
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Re: Verkaufspreise

Beitrag von Ursula28 »

Hallo Alex,
wenn ich Ware in Kommission gebe, bekommen die Händler von mir 20% vom VK. 2. Variante, der Händler kauft die Keramik und bekommt 40% vom Vk. Wenn ein Produkt bei ihm absolut nicht verkaufbar ist und es ist noch einwandfrei, kann der Händler es bei mir gegen andere Ware umtauschen. Somit hat er ein geringeres Risiko, und ich habe schon mein Geld in der Kasse.
Ich finde 13,- € für eine 0,4 lrt Tasse viel zu wenig. Bei mir kostet sie mind. 16,- € ohne Dekor mit Dekor dann je nach Aufwand 18,- bis 20,-€ . https://hartmud.myshopify.com/ Wenn Du auf diesen Link gehts, wirst du dich Fragen, was du falsch machst bei deinen Preisen. Ich habe es mich jedenfalls gefragt.
Gruß Ursula
hille
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Re: Verkaufspreise

Beitrag von hille »

*seufz*, ja, die liebe Preisfindung...
Ich finde 13€ auch zu wenig! Und du bist sicher, dass du bei 7€ noch Gewinn machst??? Wieviel Cent???
Wofür gelten denn diese 7€, ist das der Preis für die Ausstattung des Cafés oder meinst du damit deinen Anteil, wenn dort was verkauft wird?
Setz deinen Tassenpreis mal in Relation zum Preis einer Tasse Kaffee in dem Laden. Den zahlen die Leute ohne zu murren und legen noch Trinkgeld drauf. Ich glaube gar nicht, dass den Endkunden das so viel bedeutet, ob eine Tasse jetzt 13 oder 16€ kostet. Schön muss sie sein, das ist das Wichtigste!
Man kann sich auch arm arbeiten, das erkennst du ganz richtig. Man kann sich sogar bankrott arbeiten, das hat mein Ausbildungsbetrieb geschafft mit Preisen unter Kostenniveau. Niemand hat da was von. Es ist ein typisches Problem bei uns Töpfern, dass wir unsere Preise viel zu niedrig ansetzen.
Maria Ortiz Gil
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Re: Verkaufspreise

Beitrag von Maria Ortiz Gil »

Ich schließe mich den anderen an, die meinen, dass 7 Euro für eine Tasse erniedrigend wenig Geld sind und finde, dass 13 gerade noch vertretbar sind, je nach dem wie man arbeitet.

Wenn ich es richtig verstehe, dann ist deine Motivation die Tassen so günstig zu machen die, dass du hoffst, die Gäste des Cafés würden dann dafür mehr bei dir direkt kaufen. Davon kann man nicht unbedingt ausgehen.
Ist diese Verkaufsstrategie deine Idee gewesen, oder die Idee des Cafébetreibers, der so, zufällig auch zu billigem aber originellem Geschirr kommt?

Ich bin der Meinung, dass man Sachen die man sich nicht leisten kann dann halt auch nicht haben kann, und sehe nicht ein, weshalb das ausgerechnet derjenige der sie produziert ausgleichen, bezw. ausbaden soll, damit es dann doch geht.

Die Abnahmemenge spielt bei einem kunsthandwerklichen Hersteller keine Rolle. Nur ein Händler, hat mit dem gleichen Verhandlungsaufwand bei größeren Stückzahlen einen verhältnismäßig größeren Gewinn und kann darüber nachdenken auf einen Teil davon zu verzichten, ohne dass er zu schlecht abschneidet.
Wir Töpfer müssen bei größeren Stückzahlen auch entsprechend MEHR arbeiten, jedes Stück einzeln und mit der gleichen Hingabe, und es ist nicht ein zu sehen, weshalb man dafür WENIGER bekommen soll.

Noch ein Gedanke: ist es nicht besser weniger Tassen für mehr Geld zu verkaufen, als viele für weniger Geld und sich in der gewonnen Zeit all den schönen Dingen zu widmen, die man schon immer machen wollte?
Ich weiß, dass man manchmal in einer Situation ist, wo man um jeden Cent froh ist, damit es irgendwie weitergeht. Preisnachlass könnte kurzfristig eine Lösung sein, was ich aber kaum glaube. Besser wird es sein, am Produkt und der Präsentation so zu arbeiten, dass die Kundschaft versteht, dass sie dafür mehr bezahlen muss, als für die berühmte IKEA-1-Euro-Tasse. An dieses Thema ran zu gehen ist oft schwierig, eigentlich am schwierigsten, wegen Gewohnheiten, Persönlichkeit, Selbstbild usw...., und das sage ich aus der Erfahrung meiner eigenen Schwierigkeiten darin.

Schönen Gruß
Maria
Maria Ortiz Gil
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Re: Verkaufspreise

Beitrag von Maria Ortiz Gil »

Hallo Axolotl, Hier Maria nochmal:

ich will noch etwas möglichst konstruktives dazu sagen: Den Vergleich mit der Gewinnspanne eines Milchkaffees finde ich sehr gut.
Solltest du dich dazu entschließen, das Geschirr für das Café zu machen, dann kannst du bei den Verhandlungen damit argumentieren und so bei deinen normalen Preisen bleiben. Wie lange dauert es, einen Kaffee durch die Maschine zu jagen?
Wie viel kostet das Bisschen Rohstoff, das da rein kommt, und was verlangt das Café mit aller Selbstverständlichkeit dafür?
Gibt der Wirt den Kaffe billiger, wenn mehrere Gäste um den Tisch sitzen? Hängt er ein Schild draußen dran auf dem steht: "Weil heute schönes Wetter ist und viele Gäste zu erwarten sind, gibt es den Kaffee heute für 50 Cent weniger!" ??
Bobbl
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Re: Verkaufspreise

Beitrag von Bobbl »

bist du umsatzsteuerpflichtig? Wenn nein, dann sind die 13.- ok, aber am unteren Ende, falls du Steuer abführen musst sind sie viel zu billig.
Gastronomie bekommt bei mir 20% bei entsprechender Stückzahl, Komissionsware gibts überhaupt nicht.
Man muß aufpassen, daß man sich nicht totkalkuliert.
Arthur
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Re: Verkaufspreise

Beitrag von Arthur »

Mmmm,
Ich weis nicht wie es Anderen damit geht, aber bei mir ist die Situation wie folgt.
Ich bin Endkunde, meine Schränke sind voll, meine Geschirr ist vollständig, kaputte Tassen werden passend nachgekauft. Aus Interesse an hochwertiger handgemachter Keramik und aus Spaß an der Sache, besuche ich am Wochenende Handwerker Märkte.
Gucken ja, kaufen nur in Ausnahmefällen, wenn mir was ins Auge springt, mir Freude macht, sich gut anfühlt. Nie weil ich es wirklich brauche......
Gibt es Leute die auf Handwerker Märkte gehen, weil der Kaffeebecher kaputt ist? Geschweige den ein Kaffee besuchen um eine Tasse zu ersetzen?!

Ganz ehrlich mir ist es dann völlig egal ob die dann 5 Euro mehr oder weniger kostet, das Ding muss mir gefallen und mich „stolz“ machen.

Vielleicht mal die Frage an die Töpfer:
Habt Ihr in den letzten 5Jahren die Erfahrung gemacht, dass ihr Mehr verkauft, weil ihr billiger seit?

Gruß Arthur
hille
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Re: Verkaufspreise

Beitrag von hille »

Ich hab jedenfalls noch nie weniger verkauft, nachdem ich die Preise erhöht hatte. :green:
bitte entfernen
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Re: Verkaufspreise

Beitrag von bitte entfernen »

Hallo!
Ich bin hier neu angemeldet. Und dann wirklich nur aus dem Grund, hier mal Dampf abzulassen. Diese Preisdiskussion hat es mir angetan.
Bin schon immer Töpferin, mein Alter lässt sich leicht erraten.
13 Euro für eine einfache Tasse sind in meinen Augen NICHT GÜNSTIG!
Nun frage ich mich, wie ihr auf die 13,- Euro kommt? Könnt ihr mir mal fundierte Details dazu nennen? Einfach mal konkret sein und es nicht nur in den Raum stellen. Es ist schon immer so, weil...
Bei 0,4l gehe ich von maximal 400g Ton aus. Aber inklusive Henkel. Ich rechne: 30 Cent Ton, 25 Cent Glasur [25g bei 10,-/kg Glasurpreis], 25 Cent Brennkosten. Selbst wenn bei anderen Keramikern da etwas teurer sein sollte, liegen wir bei maximal einem Euro Materialpreis. Wobei diejenige Werkstatt schon mal über Material sparen nachdenken sollte. Hier fängt die ganze Sache prozentual gesehen nämich schon an. Jeder gesparte Euro zählt! Bei mir wären es 75 Cent, denn wer den Pfennig nicht ehrt... Die restlichen 12 Euro vom Axolotls Tassenerlös sind also Betriebskosten und Lohn. Axolotl sagt, er hätte bei 7,- noch etwas Gewinn. Also sind seine Kosten geschätzt bei 6,50€ und demzufolge 6,50€ wären Gewinn.

Jetzt kommen wir wohl zum wesentlichen, was dann über den Preis entscheidet. Wie viel Stück werden denn nun in welcher Zeit hergestellt? Wer wenigstens Gesellenstatus hat, sollte [muss] von einer so kleinen und einfachen Form 100 Stück am Tag drehen können. Punkt. Das ist kein Ding was man diskutieren müssen sollte. Ich kann das mit über 50 Jahren und ich kenne viele Töpfer die dies auch so tun. Hier unterscheidet sich Beruf von Hobby. Zum henkeln brauche ich am nächsten Tag vier Stunden. Für glasieren und brennen genügen später ebenfalls vier Stunden. 100 einfache Tassen sind also Produkt von zwei Arbeitstagen. Kein abdrehen, keine Verzierungen und einmal komplett in Gasur getaucht. Auf @Axolotl hochgerechnet sind dies bei einem Monat mit 20 Arbeitstagen: 13.000 € Umsatz und 6500 € Euro verdient.
DAS REICHT NICHT???
Nun hat jeder andere Betriebskosten. Selbst bei aberwitzigen 2000 Euro pro Monat sind dies keine 12 € pro Arbeitstunde. Die meisten Keramiker liegen aber doch darunter. Aber ok, ein teures Ladenlokal, geleastes Auto - man gönnt sich ja sonst nichts. Der Stundenlohn ergibt sich, oder man legt ihn fest und die Produktpreise ergeben sich daraus? Es interessiert mich. Rechnet ihr mit Mindestlohn, oder müssen 30,-/h hängen bleiben?

Ja ja, ich bin jetzt Keramikpopulistin. Aber so etwas muss auch einfach mal gesagt werden. Und gerechnet.

Ich vermute mal stark, dass meistens das Geld auf den Märkten verbrannt wird, ohne dass sich die Töpfer darüber Gedanken machen. Sein Standgeld hat man nicht rein, wenn man das Standgeld als Umsatz erzielt. Bei 200 Euro Standmiete und 150km Anfahrt (Hin und zurück = 300km) 300km x 0,30€ = 90 Euro Fahrtkosten, Unterkunft optional dazu - hat man also rund 300€ Aufwand für den Markt. Bei 300€ Marktkosten muss Axolotl also 600€ umsetzen, bevor er in den Gewinnbereich kommt.
Das ergibt sich ja aus 6,50 Gewinn : 6,50 Kosten , also 50%.
Und ab da gehört ihm laut seiner Berechnung die Hälfte als Gewinn. Bei 1000 Euro Marktumsatz bleiben ihm also 200€. Also ab dem sechshundertsten Euro ist jeder zweite Euro seiner. So pi mal Daumen, solch ein Markt mit unter 1600€ Umsatz ist den Aufwand nicht wert. Die viele Arbeit, das unberechnete herumstehen für unter 500,- Gewinn lohnt nicht wirklich. Und ich kenne so viele Kollegen die mit 800,- heim fahren und sich freuen. Sie merken nicht, dass da unterm Strich nur 100,- bleiben. Hier liegt also meiner Meinung nach die Falle.

@Arthur
Es gibt unterschiedlichste Kunden und Beweggründe einen Markt zu besuchen. Und natürlich merkt man es im Absatz, wenn der Preis günstiger ist. Ich setze pro Markt 30-60 einfache Tassen ab. Weil ich eben nicht 13 Euro verlange für solch eine kleine Tasse. Man merkt es besonders, wenn mehrere Tassen gekauft werden. Die in Form und Glasur aufwändigen Tassen verkaufen sich wesentlich seltener. Während die 18 Euro Tassen an den Nachbarständen meist am Marktende wieder eingepackt werden, nehme ich eine leere Kiste mit heim. 50 Tassen a 6 Euro Gewinn. Da sage ich Danke und habe die bis zum nächsten Markt locker nach produziert.
Natürlich muss die Tasse zuerst stets gefallen, aber davon gehe ich mal bei jedem Keramiker aus. Mal passt es mit dem Publikum, mal eben weniger. Wenn der Umsatz nicht stimmt, wechsle ich den Markt. Natürlich auch abhängig von Entfernung und Standgeld.

@Ursula28
Muss aufpassen was ich schreibe. Aber mir platzt bei solchen Seiten echt die Hutschnur! Aber ich betone: es ist meine Meinung und die sollte ja frei sein. Wahrscheinlich setzt sich überall das Prinzip "viel Geld für möglichst wenig Arbeit durch". Und Sunshine Cup für 20,- klingt wesentlich besser, als Finkennapf in gelb. Small Flower Vase Raw - Hallo, das Ding ist 10cm hoch und somit im Lehrlings- oder VHS-Bereich! Und die großen Vasen sind mit 14,5cm noch fast im Bereich einer Tassenhöhe. Der junge, smarte Töpfer auf der Seite schafft nicht mehr? Er muss wohl zu sehr auf seine "Work-Life_Balance" achten? Wahrscheinlich sind die Pötte sogar noch abgedreht, damit halbwegs die Form entsteht? All die dort gezeigten Sachen macht man im Einbrandverfahren. Die Teller sind fett, haben kaum Fahne. Wahrlich keine Meisterwerke. Bei allem Respekt - eine in der Form völlig misslungene 16 cm hohe Vase für 55 Euro... Da kann ich keinen Respekt zollen.
Aber wird heute ja schon Kindern gelernt - Lob gibt es auch für Minderleistungen. Deshalb stellen sie ihre Kinder mit dem Geigenkasten auf den Markt, obwohl das Instrument erst seit 6 Monaten gespielt wird. Dafür gibt es dann haufenweise Mitleidsgeld.
Kann mir nicht vorstellen, dass sich dafür genug Leute finden. Eine Internetseite ist schnell erstellt. Erst recht mit einem Shop der die Versankosten nicht sofort anzeigt, was man eigentlich abmahnen könnte. Alles super im Land ohne Meisterpflicht! Grosses Tennis!
Nein tut mir leid. In meinen Augen ist es Nepp, überteuert und minderwertig. Aber ein gutes Beispiel wie man es versuchen kann. Jeder kann sich seinen Weg durch das Leben selber suchen.Wer Leute so bedienen will, hat halt ein grosses Karmakonto und Selbstbewusstsein. Ob da wirklich alles richtig gemacht wurde?

@
Generell würde ich für überhaupt kein anderes Geschäft etwas billiger machen. Aber meine Märkte laufen ja zum Glück mit guten Standkosten/Umsatz Verhältnis. Wahrscheinlich weil ich nachgerechnet habe und gute Ware zum fairen Preis anbiete.
Wie @Maria sehe ich es genauso, nur du als Hersteller solltest daran etwas verdienen. Aber manchmal geht es anders doch einfacher.
Die den Gewinn fressenden Marktkosten hatte ich schon erwähnt. Da muss man eben doch clever sein und über seinen Schatten springen. Denn man hat hier keinen weiteren Aufwand und keine Marktkosten. Axolotl kann das Tässchen für 11,- zum Cafe abgeben und er hat bei 100 Tassen (in 2 Tagen) 450 Euro gemacht. Oder die Tasse für 10,- bei 350,- Gewinn. Das Problem ist halt, die meisten Cafes verkaufen das dann "Kippe" (also 100% Aufschlag) plus MwSt.. Die Tasse für 22 Euro (20) wird aber dann selbst für Arthur zu teuer. Wenn das Cafe fair bleibt, kann es funktionieren... Finger weg von Kommission!
Dennoch ist gegen Preiserhöhungen nie etwas zu sagen, wenn andere Berufsgruppen problemlos 8% durchgedrückt bekommen. :)
Es muss eben funktionieren.
Bobbl
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Re: Verkaufspreise

Beitrag von Bobbl »

@schon immer Töpferin
und was kostet deine Tasse? Mit oder ohne Steuer?
Bei mir sind die Brennkosten doppelt so hoch, es kommt auch auf die Temperatur an, ob du 1050 Tassen oder 1300 brennst. Zudem kalkuliere ich Abschreibungenvon Ofen, Spiralen, Platten... dazu. Ach ja, grad haben sie mal den Strom um 12% erhöht. Hast du Eisenoxyd in der Glasur oder 10% teuren Farbkörper, also pauschalieren ist schwer. Märkte mach ich nicht, da mein Laden läuft, hier aber auch hohe Mietkosten, dafür werd ich seltener naß. Die 100 Tassen am Tag dreh ich auch, wenn mich keiner anquasselt oder sonst stört, ansonsten müßt ich jemanden für den Laden anstellen, der kostet aber auch und verteuert dann wieder die Tasse. Alles nicht einfach und bei jedem anders.
Maria Ortiz Gil
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Re: Verkaufspreise

Beitrag von Maria Ortiz Gil »

Wie war nochmal das Märchen von dem Milchmädchen, das zum Markt ging und sich so schön ausgerechnet hat, was sie aus dem Erlös der Milch alles kaufen will, dann fiel der Krug zu Boden und aus wars....?

Wenn man an einem Tag 100 Tassen dreht und am nächsten henkelt und nebenbei noch all die anderen Dinge tut die zu einem Werkstattbetrieb gehören, und man sich keinen Sklaven hält, der zuhause das Essen Kocht, putzt und Wäsche Wäscht, kann man dann am übernächsten Tag schon wieder 100 Tassen drehen und alles andere nötige dazu machen ohne dass einem der Körper irgendwannmal ein Stopschild vor die Nase hält? Wird ein Töpfer niemals krank? Oder alt? Und wenn ja, wer dreht dann für ihn die 100 Tassen am Tag und wer geht für ihn auf den Markt? Wer rührt Glasur an, wer setzt den Ofen und räumt ihn wieder aus, wer bereitet den Ton wieder auf, wer telefoniert, schreibt Rechnungen, wer packt das Zeug in die Kisten und wer schenkt ihm einen neuen Ofen, wenn der alte ausgedient hat? Was ist wenn das Auto kaputt geht?
Und so weiter und so fort...

Wenn man die günstigen Tassen aus dem leer verkauften Korb neben die teureren, die wieder eingepackt werden mussten, nebeneinander stellt, sieht man da Unterschiede?

Was für eine fundamentalistische Religion ist das, die verwerflich findet, dass man sich ein möglichst gutes Leben gönnt und Leute die es trotzdem versuchen der Faulheit bezichtigt?

Fragen über Fragen...

Neulich war die Rede davon, was ein brauchbares Gefäß ist.
Jemand sagte, Hauptsache man kann was reingießen und es fällt nicht um.
Ich meine, da könnte man doch gleich aus einer leeren Tomatenbüchse trinken, warum nicht.
Es gibt aber tatsächlich Menschen denen das nicht reicht. Die erkennen besondere Hingabe an die Arbeit und besonderen Einfallsreichtum, die Keramik mögen die nicht wie "vom Band" aussieht und die durchaus bereit sind dafür mehr zu bezahlen, als für einen durchschnittlichen, oder unterdurchschnittlichen Gegenstand in den man etwas reingießen kann und der nicht umfällt.
Und es gibt selbstverständlich noch viel mehr anderer Leute, denen reicht irgendwas.

Wenn mich jemand fragt, wie lange ich für dieses oder jenes Stück gebraucht habe, rechne ich nicht laut nach.
Ich antworte: "mein Leben lang", denn so ist es auch. Bis ich es so konnte wie ich es jetzt kann, hat es mein Leben lang gedauert. Das setzt natürlich voraus, dass man es immer besser kann und dass man es den Sachen die man macht auch ansieht.

Maria
Ono
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Re: Verkaufspreise

Beitrag von Ono »

Um das mal etwas in Relation zu setzen. In Tokyo gibt es Galerien, wo einigermaßen bekannte Töpfer 50 neue Teeschalen ausstellen, die im 4 bis 5-stelligen Eurobereich liegen. Pro Stück. Und nach 2 Wochen ausverkauft sind. Da hat dann sowohl der Töpfer als auch der Galerist ein angenehmes Leben mit überschaubarem Arbeitspensum. Vermutlich wird denen aber langweilig, wenn sie nur so viel arbeiten, wie sie zum Leben brauchen. Das scheint mir eher "professionell", als wenn sich jemand von morgens bis abends abrackert um 3 Groschen zu verdienen und dann auch noch stolz auf seine Selbstausbeutung ist. Ein paar Ecken weiter gibt es so ähnliche Teeschalen ohne schicke handsignierte Holzkiste made in China für 1,- €/Stück. Von "Profis" hergestellt (oder Kindersklaven ?), die wahrscheinlich wesentlich mehr als 100 Stück pro Tag machen, wenn sie sich 2 bis 3 bescheidene Mahlzeiten leisten möchten. Und ihr diskutiert hier, ob 13 Euro fuffzig teuer oder günstig sind. Meine Becher kosten 18 Euro ohne Henkel und wenn das jemand teuer findet, sage ich ihm, dass man sich manche Dinge eben nicht leisten kann und empfehle ihm ein schwedisches Möbelhaus zum Einkaufen. Als ich noch auf Märkte ging, waren meine Becher und Teeschalen für 10 Euro das Stück manchmal kurz nach Mittag ausverkauft und nachdem mir ein Dutzend Leute gesagt haben, dass ich zu billig und bescheuert bin, habe ich meine Preise von einem Tag zum nächsten 50% raufgesetzt.
Wer seinen selbstgetöpferten Nippes nicht verkaufen kann (oder nur für Tiefstpreise), sollte sich vielleicht nochmal anschauen, was er da produziert? Und warum das keiner haben will?
Schönes Hasenfest euch!
hille
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Re: Verkaufspreise

Beitrag von hille »

Abgesehen von all den bisher gemachten Anmerkungen, den größten Fehler in deiner Rechnung müsstest doch sogar du erkennen:
Verkaufen tun sich deine Tassen also von alleine, kaum produziert, ist wie von Zauberhand das Geld auf'm Konto??? Ach nein, du fährst ja auf den Markt damit. Nehmen wir einen Zweitagesmarkt, da haben wir normalerweise 16h reine Marktzeit, dazu 3h für Auf-und Abbau. Fahrtzeit zum Markt sehr unterschiedlich, nehmen wir mal niedrig angesetzte 1,5h. Damit du keine Übernachtungskosten hast (im Bus schlafen oder bei Bekannten zählt nicht) also mal 4, sind 6 Stunden. Und Packen musst du auch, o.k., bei Geschirr, wo immer nur ergänzt werden muss, was fehlt, kann das schnell gehen, aber 3 Stunden sind doch das allermindeste. Das sind alles zusammen 28 Stunden Arbeitszeit, die du nicht berechnest. Die kannst du dir nur über den Artikelpreis bezahlen lassen und oh Wunder, da werden die Tassen schon fast doppelt so teuer wie in deiner Rechnung.
Warum nur verkaufen Händler ihre Ware mit mindestens 100% Aufschlag? Weil sie das müssen, um überhaupt was zu verdienen!

Was du an anderen Kosten untern Tisch fallen lässt, davon ist vieles schon aufgezählt worden, die Liste wird sehr lang. Ich wundere mich selbst immer wieder, wer alles Geld an meiner Arbeit verdient, bis ich selber mal was bekomme.

Falls übrigens alle deinem Beispiel folgen sollten und ihre Tassen plötzlich zu deinen Niedrigpreisen verkaufen, dann verlierst du dein Alleinstellungsmerkmal und deine Umsätze werden einbrechen, das kannst du dir sowieso nicht wünschen.

Und hast du in letzter Zeit eigentlich mal einen Handwerker von einem anderen Gewerk bezahlen müssen? Hast du einen gefunden, der für unter 50€ Stundenlohn netto arbeitet? Machen die ihre Preise aus Geldgier, oder weil es nicht anders geht, um am Ende was zu verdienen? Und du willst stattdessen mit einem Fünftel davon über die Runden kommen???
Ursula28
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Re: Verkaufspreise

Beitrag von Ursula28 »

Hallo "bitte entfernen",
ich habe ja überlegt, ob ich auf Deine Äußerung zu meiner Meinung überhaupt Antworten mag.
Nun tue ich es. Ich möchte nocheinmal die Äßerung von Hille aufgreifen. " bitte entfernen" ( Abkürzung BE ) auch aus Meiner Sicht, hast Du die Kosten für die Vermarktung in Deiner Rechnung nicht aufgefüghrt. Also wir Arbeiten 49 Wochen ( 245 Arbeitstage ) im Jahr. Bei 15 Märkten und einem Zeitaufwand von 36 Std. pro Markt sind das 45 Tage. Das sind also schon fast 20 % Zeitaufwand für die Vermarktung.... unabhängig vom Umsatz. das relatieviert sich natürlich wenn die Umsätze so gut sind, dass ich vielleicht nur 8 Märkte machen muss ???

Ursula28
Muss aufpassen was ich schreibe.
Wo soll ich aufpassen ? Oft machen wir ja den Fehler, dass wir Preise nehmen und uns dabei daran orientieren, ob wir uns das Leisten können.

Aber mir platzt bei solchen Seiten echt die Hutschnur! Aber ich betone: es ist meine Meinung und die sollte ja frei sein. Wahrscheinlich setzt sich überall das Prinzip "viel Geld für möglichst wenig Arbeit durch". Und Sunshine Cup für 20,- klingt wesentlich besser, als Finkennapf in gelb. Small Flower Vase Raw - Hallo, das Ding ist 10cm hoch und somit im Lehrlings- oder VHS-Bereich! Und die großen Vasen sind mit 14,5cm noch fast im Bereich einer Tassenhöhe. Der junge, smarte Töpfer auf der Seite schafft nicht mehr? Er muss wohl zu sehr auf seine "Work-Life_Balance" achten? Wahrscheinlich sind die Pötte sogar noch abgedreht, damit halbwegs die Form entsteht? All die dort gezeigten Sachen macht man im Einbrandverfahren. Die Teller sind fett, haben kaum Fahne. Wahrlich keine Meisterwerke. Bei allem Respekt - eine in der Form völlig misslungene 16 cm hohe Vase für 55 Euro... Da kann ich keinen Respekt zollen.

Immerhin verkauft er sein Geschirr gut, nämlich z.B. an Kaffe Röstereien. Ich zolle denen wahrlich keinen Respekt ab, sondern ich Frage mich was muß ich tun, dass auch ich solche Aufträge bekomme, damit ich nicht soviele Märkte machen muss. Die Töpferei ( hartmud Studio ) hatte bereits bei unserem Verein "www.keramik_hessen.de angefragt ob es jemanden gibt, der für sie Drehen kann. Du liegst also falsch, wenn Du glaubst, dass die keine Aufträge haben. Im Gegenteil. Große Stückzahlen waren im Gespräch.

Aber wird heute ja schon Kindern gelernt - Lob gibt es auch für Minderleistungen. Deshalb stellen sie ihre Kinder mit dem Geigenkasten auf den Markt, obwohl das Instrument erst seit 6 Monaten gespielt wird. Dafür gibt es dann haufenweise Mitleidsgeld.
Kann mir nicht vorstellen, dass sich dafür genug Leute finden. Eine Internetseite ist schnell erstellt. Erst recht mit einem Shop der die Versankosten nicht sofort anzeigt, was man eigentlich abmahnen könnte. Alles super im Land ohne Meisterpflicht!
Wer weiß Bescheid, was das mit der Anlage B in der Handwerksrolle wirklich bedeutet. Ich hatte mal bei der HWK angerufen, und man sagte mir um Keramik zu verkaufen braucht man die Gesellenprüfung. Im Internet ist nichts darüber zu lesen. Eigentlich müßte ich doch dann meine Mitgliedschaft in der HWK kündigen können. Dies habe ich 2016 schriftlich versucht. Die Antwort war, ich hätte ja die Meisterprüfung. Ich werde dort nochmal anrufen. Ansonsten suche ich Gleichgesinnte, die das mit mir erreichen möchten.
Grosses Tennis!
Nein tut mir leid. In meinen Augen ist es Nepp, überteuert und minderwertig. Aber ein gutes Beispiel wie man es versuchen kann. Jeder kann sich seinen Weg durch das Leben selber suchen.Wer Leute so bedienen will, hat halt ein grosses Karmakonto und Selbstbewusstsein. Ob da wirklich alles richtig gemacht wurde?
polaX
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Registriert: Donnerstag 26. April 2007, 18:22

Re: Verkaufspreise

Beitrag von polaX »

Die Debatte um die Verkaufspreise bringt heftige Emotionen hervor, merke ich beim Durchlesen.
Für mich sind 13€ für eine selbst getöpferte Tasse viel zu wenig. Da müsste die Kalkulation mal richtig durchgeführt werden.
Für mich ist aber die Frage sehr viel wichtiger, warum man selbst getöpferte Arbeiten macht, die mit Industriepreisen und Produkten konkurrieren. Wenn ich möglichst viele Stückzahlen verkaufen möchte, bleibt mir nicht mehr viel Raum für individuelle Gestaltung.
Und ich rede jetzt nicht von einer aufwendigen Dekoration. Wenn ich die Arbeiten z.Bsp. von Kaas und Heger nehme, kann ich mehrere verschiedene Tonfarben kombinieren. Die Form ist ganz schlicht, sie haben keine Dekoration.
Das macht doch inzwischen eigentlich unser Beruf aus, daß ich die Arbeiten individuell gestalten kann. Wenn ich mit Industrieproduktion konkurrieren möchte, dann muß ich mich krass davon absetzen. Und etwas machen, das nicht auf der nächsten Ambiente- Messe steht, weil es in der Gestaltung so einzigartig ist, daß es nicht so einfach nachgemacht werden kann.
Und die Industrie wird immer besser, das muß man einfach feststellen.
Wenn ich lese, daß jemand mit 800 € vom Töpfermarkt nach Hause fährt, frage ich mich auch, ob da die Bezahlung für die Zeit, in der man dort steht miteingerechnet ist: Natürlich nicht, geschweige denn von allen anderen Dingen!
Und weil so viele Töpfer dieses Lohndumping betreiben, siehe @bitte entfernen, ist es für diejenigen schwer, die richtig rechnen, vor allem wenn sie eine individuelle Gestaltung haben!
Zum Glück gibt es eine große Käuferschicht, die genau dies suchen!!!
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