Schrübrand große Figuren zerspringen

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Herma
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Schrübrand große Figuren zerspringen

Beitrag von Herma »

Hallo, wer weiß warum meine großen Figuren beim Schrübrand zerspringen? Ich habe vor ca. 1Jahr als Hobbytöpfer angefangen und meistens nur kleinere Dinge hergestellt, da ist auch mal was gesprengt, aber bei kleinen Teilen ist das zu verschmerzen. Jetzt habe ich mich an große Teil gewagt, machen viel Arbeit. Von den 3 großen sind 2 völlig zerschossen und eine konnte ich kleben. Die Figuren sind hohl und gut getrocknet. Was mache ich falsch? Ich brenne mit der Steuerung für Schrübrand. Ich würde mich über den richtigen Hinweis freuen
atelierdgt
Beiträge: 182
Registriert: Freitag 30. März 2007, 20:37
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Re: Schrübrand große Figuren zerspringen

Beitrag von atelierdgt »

Hallo,

Luft eingearbeitet, was heißt bei Dir durchgetrocknet....
Lieben Gruß
Wer Rechtschreibfehler findet - darf sie behalten!!!!!
Fotomanni
Beiträge: 187
Registriert: Dienstag 28. April 2015, 11:38

Re: Schrübrand große Figuren zerspringen

Beitrag von Fotomanni »

Da kann es einige Gründe geben.

Luft eingearbeitet steht ja schon oben.
Nicht wirklich durchgetrocknet ist der nächste Grund
Ungleichmäßige Wandstärke ein anderer
Ungleichmäßig verdichtet kann auch sein.
Zu schnell und ungleichmäßig getrocknet (die ersten Tage besser unter Folie trocknen lassen)

Was genau heißt "zerspringen"? Wenn sie regelrecht explodieren deutet das auf Restfeuchte hin. Wenn es nur Risse sind auf zu ungleichmäßige Wandstärke. Abplatzer auf Luftblasen.

Und was heißt "Programm für Schrühbrand"? Wenn ich wirklich große Teile habe dann trockne ich die gerne im Ofen nach.
Die Brennkurve sieht dann so aus:
30°C/h bis 120°C
100°C/h bis 650°C
250°C (oder Vollast) bis Endtemperatur.
Viele Grüße vom Rand der Welt
Manfred
Gasbrenner
Beiträge: 334
Registriert: Donnerstag 19. Februar 2015, 09:07

Re: Schrübrand große Figuren zerspringen

Beitrag von Gasbrenner »

Wenn dickwandige Stücke platzen ist fast immer eine Ausgasung im Spiel. Meist ist es Wasser, welches schlagartig verdampft und dabei in Überfaltungen, Luftblasen oder auch in Poren einen so hohen Druck aufbaut, dass die Ware regelrecht explodiert.

Luftblasen sind fast nie gefährlich und finden sich in allen handwerklichen Stücken. Kritisch ist es nur, wenn sich in ihnen Dampf sammelt.

Indizien für Dampfsprenger sind abgesprengte Wandungsteile oder komplett zerfetzte Stücke. Der Fehler tritt meist unterhalb 300°C auf. Wenn man bis da aus dem Ofen verdächtige Geräusche hört, kann man den Brand beim Aufheizen übrigens durchaus unterbrechen und nachsehen. Die Ware nimmt, sollte sie heil sein, bei der Temperatur keinen Schaden, wenn man die Tür öffnet.

Mit "gut trocknen" ist es bei dickwandigen Stücken nicht getan. Man kann über Jahre bei 120°C trocknen und es wird dennoch oberhalb 150°C Hüllenwasser, Zwischenschichtwasser und später chemisch gebundenes Wasser freigesetzt. Bei dünnwandigen Stücken reichen die Kapillare um das abzuführen. Bei dickwandigen Keramiken führt es immer wieder zu Problemen. Wer es nicht glaubt kann ja mal 2 Kilo Ton bei 120°C trocknen, fein verwiegen und dann bei 200°C im Backofen nachtrocknen, neu verwiegen und die Gewichte vergleichen. Da kommen einige Gramm Differenz zusammen. Und 1 Liter Wasser ergibt nun mal 1000 Liter Dampf.

Was passiert nun, wenn ein "gut getrocknetes" dickwandiges Stück mit dem normalen Schrühprogramm aufgeheizt wird? Anfangs wird noch etwas Restwasser entzogen. Der Ton ist aber weitgehend trocken und isoliert dabei recht gut. Das heißt, dass der Kern des Scherbens deutlich kühler bleibt, als die Außenseite. Es geht flott voran , der Ofen geht über 160°C. Nun beginnt das Hüllenwasser zu verdampfen. Am Anfang kein Problem, denn wegen der Isolierwirkung verdampft es ja zunächst nur aus der äußeren, etwas wärmeren Schicht. Aber der Ofen heizt ja schnell weiter auf und geht nun über 200°C. Die Hitze dringt nun langsam in tiefere Schichten des Scherbens und aktiviert weiteres Hüllenwasser. Dieses sitzt normalerweise "kristallisiert" um den Tonmineralen und wird nun flüssig. Da es im Gefüge unter Druck steht, kann es nicht sofort komplett verdampfen. Dampf und Flüssigkeit bewirken, dass die Isolierwirkung des zuvor trockenen Tons schlagartig weg ist. Die Hitze dringt in Sekunden bis in das Zentrum des Scherbens und aktiviert sämtliches Hüllenwasser zu Flüssigkeit und Dampf. Die Kapillare versagen nun , weil sie durch die Feuchtigkeit zuquellen. Sie hätten es eh nicht geschafft die schlagartig anfallende Dampfmenge abzuführen. Der Ofen heizt weiter schnell auf. Die Feuchtigkeit sammelt sich in Luftblasen, Überfaltungen etc. Der Ofen heizt über 200°C. Wir reden nun von Heißdampf. Die Luftblasen werden zum Explosionsraum.
Bumm

Hinzu kommt, dass dickwandige Stücke, besonders, wenn die Schamottierung zu gering oder zu fein gewählt wurde, auch nach langer Trocknung noch einen feuchten Kern haben. Dies passiert, weil beim Trocknen bisweilen die Kapillare abreißen. Auch der wird bei zu schnellem Aufheizen erst oberhalb 120°C aktiviert.

Was kann man tun?

Langsam aufheizen bis 200°C Bei dicken Stücken darf das ruhig mal 8 Stunden dauern. Und da noch mal eine Haltezeit einbauen. Wenn der Regler nicht genug Segmente macht, muss man eben erst bis 200°C brennen und dann ein neues Programm bis zur Endtemperatur starten.

Gröbere Schamotte wäre eine weitere Option.
Laborfuerdesign
Beiträge: 176
Registriert: Samstag 3. September 2016, 16:21

Re: Schrübrand große Figuren zerspringen

Beitrag von Laborfuerdesign »

Hallo,
wollte bloss sagen, Danke Gasbrenner für den tollen Beitrag! Hab über dieses Problem schon oft gelesen, aber noch nie so ausführlich.
reinerlie
Beiträge: 135
Registriert: Samstag 4. April 2015, 11:33

Re: Schrübrand große Figuren zerspringen

Beitrag von reinerlie »

Auch von mir ein großes Lob an Gasbrenner. Herzlichen Dank!

Reinhard
Suha
Beiträge: 6
Registriert: Donnerstag 15. Oktober 2015, 14:01

Re: Schrübrand große Figuren zerspringen

Beitrag von Suha »

auch von mir ganz gro0es Lob an Gasbrenner, so genau hat mir das noch niemand erklärt, vielen Dank fürs lernen dürfen.
Suha
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