Unterschiede zwischen 1150 und 1235

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Vallo
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Unterschiede zwischen 1150 und 1235

Beitrag von Vallo »

hallo,
ich bin gerade grundsätzlich am überlegen für welchen Brennbereich ich mich grundsätzlich entscheide. Ich arbeite gerne mit sehr unterschiedlichen Tonsorten und habe schnell festgestellt, dass diese dann wenigstens den selben Brennbereich abdecken sollten, damit man auch unbegrenzt mischen kann.
Ich vergleiche also jetzt hochbrennende Steinzeugtone (1235°) mit früh sinterenden Steinguttonen (1150°), die also beide in ihrem Brennbereich dicht brennen. Jetzt weiß ich, dass Steinzeug fester ist. Ist also der letztendliche Unterschied alleine die Festigkeit? Wie verhält es sich denn mit dem Verformen beim Brennvorgang. Ein Steingutton der bei 1150 schon dicht brennt, wird der dann in seinem Brennbereich ebenso rotglühend und "flüssig" um zu sintern, wie ein Steinzeugton der bei 100 ° mehr erst dicht brennt?
Gibt es denn grundsätzlich noch irgendeinen Unterschied zu beachten um diese beiden Gruppen zu unterscheiden.
vielen Dank
vallo
Migla
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Re: Unterschiede zwischen 1150 und 1235

Beitrag von Migla »

Hallo, Steingut wird nicht wirklich dicht, sondern bildet einen porösen und saugfähigen Scherben. Die Schrühtemperatur liegt in der Regel wesentlich höher als die des Glattbrandes. Dicht wird Steingut durch die Glasur, im Gegensatz zum Steinzeug, das auch ohne Glasur bei entsprechender Temp. dicht brennt. Bei niedriger Temp. sinternde Massen sind hierfür häufig mit Glasmehl o.ä.versetzt und können u.U. ohne größeren Übergang sehr schnell richtig schmelzen und auch sonst so ihre Eigenheiten,die ich nur in Kauf genommen habe, wenn es aus techn. Gründen notwendig war. Steinzeugmassen für 1300´ waren für mich stets die besste Wahl. Langlebig, spülmaschinenfest, frostfest,gut zu verarbeiten und zu brennen. Nr.2, 11, 10.
Vallo
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Re: Unterschiede zwischen 1150 und 1235

Beitrag von Vallo »

hallo Miglia,
das heißt dann aber doch, wenn ich Dich richtig verstehe, dass Steingut, welches mit Glasmehl versetzt wurde, auch dicht brennt und von der Dichtigkeit dann ja vergleichbar mit Steinzeug ist? Das heißt dann ja aber auch, dass die Verformungsgefahr genauso groß ist wie bei Steinzeug. Was für Eigenheiten gibt es denn da bei dichtbrennendem Steingut?
vielen Dank
vallo
Migla
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Re: Unterschiede zwischen 1150 und 1235

Beitrag von Migla »

Hallo Vallo, Steingut gehört zu den grundsätzlich porösen keramischen Werkstoffen und findet vor allem in der Industrie Verwendung,
u.a. wegen des geringeren Gewichts und der billigeren Rohstoffe und der niedrigeren Brennkosten. Außerdem steht wegen der niedrigeren Glattbrandtemperatur eine wesentlich größere Palette an Farben und Dekormöglichkeiten zur Verfügung. Die Herstellung erfolgt i.d.R. mit industriellen oder manufakturellen Verfahren. Die Porösität des Scherbens und Haarrisse in der Glasur bergen die Gefahr des Aufquellens bei Wasserkontakt an unglasierten Stellen. Die mechanische Belastbarkeit/Schlag-und Bruchfestigkeit sowie Spülmaschinenfestikeit sind deutlich geringer als bei Steinzeug oder Porzellan und Frostfestigkeit ist auch nicht gegeben. Das Temperaturintervall bis zum Schmelzen ist wesentlich kleiner als bei Steinzeug und die Gefahr der Deformation beim Brand dafür größer. Es gibt also m.M. kaum einen Grund, im handwerklichen/kunsthandwerklichen Bereich
Steingut zu verwenden. Viele gute Steinzeugmassen lassen sich problemlos gemeinsam brennen und reagieren nicht zu sensibel auf unterschiedliche Temperaturen und Produktqualität ist deutlich besser.
Jens Adam
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Re: Unterschiede zwischen 1150 und 1235

Beitrag von Jens Adam »

Hallo,
der Vollständigkeit halber: es gibt von Witgert die Masse 19, von g&s die 245, welche beide ab 1100°C dicht brennen und wohl als Steinzeug zählen müssen. Sie haben die Vorteile von Steinzeug, lassen sich gut mit Dekorfarben dekorieren. Nachteil ist eine langsamere Brandführung (Energie sparen wird man wohl nicht gegenüber klassischem Steinzeug) und (noch keine Erfahrung damit) dass sie wohl eher deformieren bei über 1140° oder bei größeren zB bauchigen Gefäßen. Auch in der Glasurauswahl ist man eingeschränkt, es werden Glasuren mit einem niedrigen WAK benötigt. (zB transparent 150101 von Widhalm)
Für Anfänger daher eher nicht zu empfehlen. Wer weiß, dass er sich auf Malerei im Steinzeugbereich spezialisieren will sicher eine Möglichkeit.
Migla
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Re: Unterschiede zwischen 1150 und 1235

Beitrag von Migla »

Hallo, die 19 wird von Witgert als frühsinternde Steinzeugmasse angeboten. Erforderte eine besonders sorgfältige spezielle Brandführung mit extra Haltezeiten zum langsamen Ausbrennen des stark erhöhten Gehaltes an Kohlenstoff, der sonst zu tw. extremen Aufblähungen führen konnte. Außerdem war die Verwendung absolut ebener Ofenplatten Pflicht, da der Scherben
jede kleine Unebenheit übernommen hat.
Vallo
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Re: Unterschiede zwischen 1150 und 1235

Beitrag von Vallo »

Hallo,
alles klar, das heißt frühsinternder Steingutton wie der Witgert 19 wird dann auch Steinzeugton genannt und ist viel komplizierter. Verformungen dann eventuell noch stärker wie bei richtigem Steinzeugton. Das hilft mir denke ich erst einmal bei meiner Entscheidung. Vielen Dank Vallo
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