Neue EU-Regulation Schwermetalllöslichkeit aus Essgeschirr

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Günter
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Neue EU-Regulation Schwermetalllöslichkeit aus Essgeschirr

Beitrag von Günter »

Hallo
Dies ist eine Umfrage unser französischen Töpferkollegen, die wirklich dringlich ist. Sie betrifft alle, die Gebrauchskeramik herstellen und verkaufen, denn die EU bereitet eine neue Regulation der Schwermetalllöslichkeit aus Essgeschirr vor - und diesmal sind es nicht nur Blei und Cadmium, die ja schon einer Regulation unterliegen. Nein, es sollen auch Lithium, Aluminium, Titan, Chrom, Eisen, Kobalt, Zink, Vanadium, Mangan, Kupfer, Nickel, Molybdän, Zinn, Cadmium, Barium und so seltsame Rohstoffe wie Arsen reguliert und somit einer Testpflicht (!!!) unterzogen werden.
Es finden im Moment noch Beratungen der sog. "stakeholders" statt, aber da sitzt fast nur die keramische Industrie und wenn wir als handwerklich arbeitende Töpfer/Keramiker*innen uns nicht ganz schnell melden und unsere Meinung zu diesen Regulationen mitteilen, bekommen wir in absehbarer Zeit die Testpflichten serviert, die die Keramikindustrie wahrscheinlich übernehmen wird. Und die wir vielleicht völlig unangemessen finden.
Darum bitten wir dringlich, dass soviel Betriebe wie möglich noch bis 30. Juli an dieser Befragung teilnehmen. Sie ist auf englisch, aber die Fragen sind simpel (fertigt ihr Gebrauchsgeschirr/ Anzahl der Beschäftigten/ Menge der Produktion/ Verkaufswege). Die abschliessende Frage nach Arsen und metallischem Aluminium in Glasuren mag sehr seltsam klingen, aber genau das soll der EU übermittelt werden, dass praktisch niemand sowas verwendet (davon gehen wir aus) und deshalb nicht getestet werden muss. Das Ziel wäre natürlich, die Handwerker (speziell die Kleinstbetriebe) soweit es geht aus der Regulation herauszunehmen.
Wenn ihr mehr Informationen haben wollt, schreibt der Geschäftsstelle des kalkspatz eV. (kalkspatz@gmx.de), unser Vorsitzenden Grit Uhlemann (grituhlemann@yahoo.ie) oder natürlich auch direkt dem Verantwortlichen der französischen Organisation, Gilles Foray (gillesforay@mac.com)

Hier ist der Link zur Umfrage:

https://forms.gle/aQVKuEHmGtNvk2N39
Maria Ortiz Gil
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Re: Neue EU-Regulation Schwermetalllöslichkeit aus Essgeschirr

Beitrag von Maria Ortiz Gil »

Ganz wohl ist mit bei dieser Umfrage nicht, wenn man auf den Verdacht, oder die Hoffnung hin, dass es uns Kleinbetrieben möglicherweise eines Tages helfen möge, damit wir bei der Gesetzgebung berücksichtigt werden, so sensible Daten wie Anzahl der Beschäftigten und Menge der Produktion angeben soll. Erstens können die Angaben in diesem Rahmen sowieso weder verbindlich sein, noch verifiziert werden und dem entsprechend auch nicht von den Rechtssprechern ernst genommen und berücksichtigt werden, da könnte ja jeder kommen..., und zweitens wüsste ich nicht wieso diese beiden Infos mit dem Gebrauch problematischer Rohstoffe in Korrelation gesetzt werden. Dabei ist es doch egal, wie viele Leute in einem Betrieb welchen Umsatz generieren.
Und dann noch die Frage nach den Vertriebswegen... (?) Es mag vielleicht nicht so sein, aber es liest sich wie eine Marketingumfrage.
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Günter
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Re: Neue EU-Regulation Schwermetalllöslichkeit aus Essgeschirr

Beitrag von Günter »

Also bitte: sowas stelle ich nicht einfach ungeprüft ins Forum!!! Das ist zuviel des gesunden Mißtrauens - wir haben mit den Verantwortlichen des "Collectiv National des Ceramistes" über eine Stunde per Videoschalte dieses Thema der Schwermetalllöslichkeit besprochen. Mit dabei war auch Joelle Swan aus Belgien, Lehrbeauftragte an der Uni dort. Das ist überaus ernst! Wenn man jetzt nichts macht, dürfen deutsche Töpfer in drei Jahren vielleicht nicht Tests über 2 Schwermetalle machen, so wie jetzt, sondern über 12. Und das wird bestimmt nicht billiger!!!
Die Fragen werden so gestellt, weil die Franzosen die Möglichkeit einer Ausnahme für Kleinstwerkstätten ausloten wollen. Dazu wollen sie einfach ungefähre Zahlen - niemand wird hier ausspioniert und die Zahlen kennt auch nur das Collectiv, das ungefähr 700 Werkstätten in Frankreich vertritt. Davon können wir in Deutschland nur träumen.
Im Zuge der weiteren Recherche hat sich übrigens herausgestellt, dass die EU Deutschland nicht einfach vergessen hat: schon letztes Jahr wurden alle Innungen angefragt, ob sie nicht Stellungnahmen zu diesem geplanten Gesetz abgeben wollen - irgendwie hat das aber nur die bayrische Innung ernstgenommen und mitgearbeitet. Und von Bayern sind die Informationen nicht zu uns gedrungen...
Also liebe Maria: das ist kein Marketing, sondern ein realer Versuch, irgendwie die EU zu beeinflussen. Die haben einfach direkteren Zugang, während wir immer noch nicht herausgefunden haben, wen wir in Brüssel als Ansprechpartner hätten. Ich bitte wirklich alle, die an dem Thema Interesse haben, teilzunehmen. Und wir werden natürlich auch im Töpferblatt darüber schreiben.
Herzliche Grüße Günter
nemo
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Re: Neue EU-Regulation Schwermetalllöslichkeit aus Essgeschirr

Beitrag von nemo »

Guten Abend,

ich finde das enorm wichtig und hatte davon auch nur zufällig bei Glazy gelesen.

Ich verlinke mal zur Homepage des Autoren, dessen Beitrag bei Glazy erschienen war:

https://www.dfb-keramiek.nl/2021/05/foo ... p/?lang=en

Ist zwar auf Englisch und umfangreich, aber sehr interessant. Der Beitrag ist offenbar schon im Mai erschienen, also werden die Informationen demnächst im Töpferblatt sicherlich auf einem neueren Stand sein.
hille
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Re: Neue EU-Regulation Schwermetalllöslichkeit aus Essgeschirr

Beitrag von hille »

Gibt es in diesem Form irgendeine Möglichkeit, dass dieser Beitrag direkt oben sichtbar bleibt, so lange er relevant ist?

Ich finde es ultra wichtig, dass zumindest VERSUCHT wird, bei solchen politischen Entscheidungen als betroffene Berufsgruppe sichtbar zu werden und seine Argumente zu äußern. Politik passiert niemals im luftleeren Raum, man muss den Arsch hochkriegen und seine Interessen verteidigen.
edelweiß
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Re: Neue EU-Regulation Schwermetalllöslichkeit aus Essgeschirr

Beitrag von edelweiß »

Hej.
Ich habe es grade ehrlich ein wenig schwer, mir eine Meinung zu bilden. In anderen Lebenbereichen nehme ich den Verbraucherschutz, den Grenzwerte mit sich bringen, ja gerne an. Also warum soll ich dies also nicht für meine eigenen Produkte leisten müssen? Sicher stellt sich die Frage, ob es Sinn macht, all die oben genannten Stoffe zu testen oder ob die dazugehörigen Grenzwerte sinnig sind. Und wirklich spannend wäre ja auch, was der Test am Ende kosten würde (gibt es da schon Erkenntnisse, Beträge?). Auch da denke ich, kann ein gesunder Betrieb ggf. die Mehrkosten tragen oder auch anteilig an den Kunden weiter geben (machen andere Branchen ja auch). Das Argument man sei so klein und man hat bislang immer (nach besten Wissen) so gearbeitet fände ich aus Verbrauchersicht äußerst schwach (würde ich zum Beispiel bei einem Landwirt auch nicht akzeptieren wollen…).

Da Schwermetallvergiftungen meist langsam passieren und am Ende der Betroffene kaum mehr jemanden haftbar dafür machen kann, sind doch diese Tests ansich im Sinne aller, oder?

Viele Grüße!
nemo
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Re: Neue EU-Regulation Schwermetalllöslichkeit aus Essgeschirr

Beitrag von nemo »

Oh, ich finde es auch enorm wichtig, dass es Grenzwerte gibt. Und dass jeder daran interessiert sein sollte sie einzuhalten. :)

Allerdings scheint es so zu sein, dass z.B. auch für Aluminiumoxid Grenzwerte eingeführt werden (falls das so stimmt oder bleibt), was ja nicht unbedingt sinnvoll ist und vielleicht eine Reaktion auf - im Fall der Keramik - falsche Annahmen der Öffentlichkeit ist.

Außerdem beschreibt zumindest der von mir verlinkte Niederländer, dass es offenbar die Idee gibt, die Grenzwerte von den Laboren zukünftig durch Massenspektromie (Inductively Coupled Plasma Mass Spectrometry ICP MS) ermitteln zu lassen. Ich habe keine Ahnung, wie teuer sowas ist und wie viele Labore die entsprechenden Geräte haben, aber es scheint auch der Industrie zu teuer zu sein.
Zitat aus dem Eintrag:

"The ceramic industry stressed the importance of clear and well-defined limits, but they are concerned about the possibilities and costs of ICP-MS testing by (approved) laboratories.

In addition, they feared that these new limits would remove almost 50% of all ceramic colour pigments from the market."

Das Interesse daran, dass die neuen sinnvollen Regeln auch zu erfüllen sind sollte also groß sein :)

Ein schönes Wochenende :)
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Günter
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Re: Neue EU-Regulation Schwermetalllöslichkeit aus Essgeschirr

Beitrag von Günter »

Der link zu dem Blog des Niederländers ist überaus wertvoll, vielen Dank @nemo!
Sollten alle am Thema Interessierten durchlesen. Noch ein wort zum Aluminium - es handelt sich wirklich um metall. Alu, nicht um unser geliebtes Alumiumsilikat. Und der Hintergrund ist wohl, dass der erste Entwurf der Verordnung einfach bei der Trinkwasserverordnung abgeschrieben hat, da gibts nämlich grenzerte für Alu und Arsen ...

"Aluminium ist kein essentielles Spurenelement und gilt für die menschliche Ernährung als entbehrlich.[116] Im menschlichen Körper befinden sich durchschnittlich etwa 50 bis 150 Milligramm Aluminium.[117] Diese verteilen sich zu ungefähr 50 Prozent auf das Lungengewebe, zu 25 Prozent auf die Weichteile und zu weiteren 25 Prozent auf die Knochen. Aluminium ist damit ein natürlicher Bestandteil des menschlichen Körpers.
99 bis 99,9 Prozent der üblicherweise in Lebensmitteln aufgenommenen Menge von Aluminium (10 bis 40 mg pro Tag) werden unresorbiert über den Kot wieder ausgeschieden. Chelatbildner (Komplexbildner) wie Citronensäure können die Resorption auf 2 bis 3 Prozent steigern. Die Aufnahme von Aluminiumsalzen über den Magen-Darm-Trakt ist gering; sie variiert aber in Abhängigkeit von der chemischen Verbindung und ihrer Löslichkeit, dem pH-Wert und der Anwesenheit von Komplexbildnern. Man schätzt, dass 1 ‰ beziehungsweise 3 ‰ des in der Nahrung beziehungsweise im Trinkwasser erhaltenen Aluminiums im Magen-Darm-Trakt absorbiert werden.
Für den Menschen essentielle Spurenelemente sind mit empfohlener Tagesmenge:
Chrom (Cr) 20–100 µg
Cobalt (Co), als Komponente von Vit B12 0,2 µg
Eisen (Fe) 10–15 mg
Iod (I), Aufnahme als Iodid (I−) 200 µg
Kupfer (Cu) 1–1,5 mg
Mangan (Mn) 1 mg,
Molybdän (Mo) 50–100 µg
Selen (Se) 1,5 µg/kg
Zink (Zn) 12–15 mg
Töpfermobil
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Registriert: Mittwoch 25. Januar 2017, 23:21

Re: Neue EU-Regulation Schwermetalllöslichkeit aus Essgeschirr

Beitrag von Töpfermobil »

Vielen Dank, Günter,
auch hier! :daumen:
Die EU wieder...
christine
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Registriert: Dienstag 14. Juni 2005, 21:27

Re: Neue EU-Regulation Schwermetalllöslichkeit aus Essgeschirr

Beitrag von christine »

Hallo, ich wollte mal hören, ob es zu dem Thema "Eu-Regulation Schwermetalllöslichkeit aus Essgeschirr" Neuigkeiten gibt.
Wo lasst Ihr Eure Glasuren testen, was kostet es und gilt der Test dann nur für Deutschland oder ist er in der ganzen EU gültig?
Viele Grüsse
Christine
Maria Ortiz Gil
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Registriert: Dienstag 1. März 2016, 13:14

Re: Neue EU-Regulation Schwermetalllöslichkeit aus Essgeschirr

Beitrag von Maria Ortiz Gil »

Hallo Christne,

über dieses Thema wurde im Forum schon sehr viel geschrieben. Am besten du liest alles durch, auch unter dem Schlagwort Konformitätserklärung.
Dann werden deine Fragen alle beantwortet.

Schönen Gruß
Maria
christine
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Registriert: Dienstag 14. Juni 2005, 21:27

Re: Neue EU-Regulation Schwermetalllöslichkeit aus Essgeschirr

Beitrag von christine »

Hallo Maria,
Danke für Deine Antwort!
Viele Grüsse
Christine
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