Frittenfrust

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Herr Grau
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Registriert: Samstag 21. September 2019, 10:17
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Frittenfrust

Beitrag von Herr Grau »

Besten Morgen die Damen und Herren,
ich bin neu im Forum und oute mich vorweg als Anfänger - ich fange mit der Töpferei gerade an. Zwar weiß ich, dass Erfahrung durch nichts zu ersetzen ist, aber aus anderen Bereichen habe ich gelernt, dass sorgfältige Recherche vor dem Anfang extrem hilfreich ist, um die gängigsten Anfängerfehler zu vermeiden. Man steigt so meistens auf der Lernkurve deutlich schneller an. Was mich zur Keramik gebracht hat, ist vor allem die Faszination von Glasuren. Ich hab mir das Matthes Buch 'Keramische Glasuren' gekauft und lese kräftig. Außerdem lese ich viel in englischsprachigen Foren und auf digitalfire. Jetzt bin ich auf eine .. Kavität gestoßen: Die Amerikaner nutzen im Prinzip alle entweder Fusion- oder Ferro-Fritten und Matthes Rezepte bauen fast alle auf Degussa-Fritten auf. Ich dachte mir: Super, die wird es ja alle bestimmt zu kaufen geben. Hah.

Die Welt der Fritten scheint nach einer Recherche, die gestern bis tief in die Nacht ging, eine halbokkulte Zauberbranche zu sein. Für Degussa (DEUTSCHE Gold- und Silberscheideanstalten) gibt es einen Bezugspunkt in .. Spanien. Ferro-Fritten gibt es ein paar wenige bei einem deutschen Versender, aber sie werden mit Gold aufgewogen (20€ / kg). Fusion ist hier gar nicht zu bekommen. M&M und R&S .. ich habe sie zumindest unter ihren Reinnamen nicht gefunden, dabei gibt es diese Werke seit Ewigkeiten. Alle deutschen Händler bieten Fritten an, die Nomenklatur ist aber bei jedem anders und die allerwenigsten legen offen, was in der Fritte enthalten ist bzw woher sie kommt (anders als in Amerika, wo bei jedem Händler der Hersteller und Typ genau vermerkt sind).

Wie geht ihr damit um? Wie soll ich einen Ersatz für etwas finden, wenn ich nicht weiß, was in den Alternativen enthalten ist? Wie soll ich mit einem Rohstoff überhaupt arbeiten, wenn ich nicht weiß, was in ihm enthalten ist? Alle seriösen Quellen betonen, dass es entscheidend ist, zu wissen, wie die Glasur funktioniert, indem man die Zutaten betrachtet. Und dann heißt es: "Und dann werfen wir dieses Pulver mit hinein, ohne zu wissen, wie es zusammengesetzt ist". Ich bin ehrlich gesagt etwas frustriert an diesem Punkt - und stumpfes Ausprobieren kann nicht wirklich die Antwort sein, oder? Das ist doch genau das, was man vermeiden will.

Ich weiß, dass die Frage sehr unkonkret ist, hoffe aber trotzdem auf ein paar erhellende Antworten.
Besten Dank und noch besseren Gruß :)
Dirk
madame Alexis
Beiträge: 251
Registriert: Mittwoch 9. März 2005, 17:06

Re: Frittenfrust

Beitrag von madame Alexis »

Hallo Dirk,
Ich finde deine Herangehensweise sehr löblich, denn leider benutzen viele Anfänger ganz selbstverständlich gekaufte Glasuren um nicht tiefer in die Chemie einsteigen zu müssen. Meiner Meinung nach gehört die Glasurenchemie aber unbedingt zur Keramik dazu ! Es ist ein ganz spannendes Gebiet und tatsächlich auch nicht soooo kompliziert. Naja, ein bißchen schon auch....Ich kann dir zu Fritten leider nicht viel sagen, denn ich meide sie konsequent. Wie schon richtig erkannt hast: Wie soll ich mit einem Rohstoff arbeiten, wenn ich nicht weiß, was in ihm enthalten ist ? Eben. Fritten sind schon nahe an Fertigglasuren dran, außerdem bist du von einem Hersteller abhängig und in der Praxis setzten sich Fritteglasuren gern steinhart am Eimerboden ab. Ich würde jedem Einsteiger raten, mit einer einfach zusammengesetzten Transparentglasur zu beginnen - 4 Komponenten reichen schon- und sich erstmal mit diesen Bestandteilen vertraut zu machen. Als nächstes kann man dann durch Zusatz neuer, anderer Rohstoffe testen, wie sich die Grundglasur verändert. So kann man sich Rohstoff für Rohstoff durch die Palette arbeiten. Und ja, es geht immer ums ausprobieren und testen, das ist so. Keine Glasur wird "so wie auf dem Bild" werden, es gibt sogar bei gleichem Versatz in verschiedenen Betrieben unterschiedliche Ergebnisse. Das muß man verstehen und am Besten auch mögen.
Viel lesen ist gut ! Ich kann Das Glasurenbuch von Berd Pfannkuche empfehlen, da findest du Versätze ohne Fritten, ebenso Michael Baileys "Segerkegel 6a" Man muß auch wissen, das die Töpfer in England/Amerika teilweise ganz anders arbeiten und die Versätze nicht so 1:1 übernommen werden können.
Hoffe, das hilft ein bißchen.
Gruß, Alex
Yaki
Beiträge: 121
Registriert: Donnerstag 7. Januar 2016, 13:09

Re: Frittenfrust

Beitrag von Yaki »

Jeder Hersteller gibt doch die Zusammensetzung seiner Fritte an. Wo ist das Problem?
Ursula28
Beiträge: 443
Registriert: Montag 10. März 2014, 17:03

Re: Frittenfrust

Beitrag von Ursula28 »

Hallo Dirk,
damit wir als Keramiker wissen, was für Mineralische Anteile ein Rohstof, auch Fritten, hat, stellete Seger ( Segerformel ) die Rohstoffe in einer speziellen Formel dar, dass dadurch erkennbar ist, welche Metalle dort wie enthalten sind. Es würde
Z.B.
0,4 Na²O
0,3 K²O . 0,03 Al²O³ . 2,40 SiO²
0,3 CaO

Na²O , K²O , CaO ergibt hier 1 -- Anhand dieser Segerformel weiß ich, z.B ob ich eine Alkalische Fritte, oder eine stark CaO haltige Fritte habe.
Die Segerformel kannst Du dir bei den Händlern geben lassen, falls es nicht bereits im Katalog steht.
M & M ist Mondre und Manz, R & S ist Reimbold & Strick.
Sehr gut sortiert mit Amerikanischen Fritten Ist BSZ in Essen.
Gruß Ursula
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Herr Grau
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Registriert: Samstag 21. September 2019, 10:17
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Re: Frittenfrust

Beitrag von Herr Grau »

Danke für Eure Antworten!

Segerformel steht ja ganz vorne in meinem Buch, das musste ich als erstes lernen. :daumen:

Mein Problem ist hauptsächlich, dass bei vielen Händlern die Fritten gar nicht näher bezeichnet werden. Fast jeder Händler hat Fritten im Programm, wo man aber ein größeres Sortiment der deutschen Markenhersteller kaufen kann, weiß ich immer noch nicht (M&M und R&S sind mir als Beispiele eingefallen). Der Tipp mit BSZ ist gut, den Katalog werd ich mir mal bestellen. Essen ist ja ums Eck. Ansonsten muss man die Händler vielleicht einzeln fragen, um welche Produkte es sich handelt. Finde ich anstrengend, aber gut.

Ich habe im Gegensatz zu Euch ausschließlich theoretisches (Halb)Wissen und keinerlei Erfahrung. Aber die Argumente für Fritten klingen insgesamt sehr einleuchtend und finden sich bei vielen Autoren sehr ähnlich wieder: Kein Ausgasen, keine Probleme mit Lösung der Stoffe im Wasser, weniger Hantieren mit giftigen Stoffen, homogenere Qualität, schnelleres und kälteres Brennen sowie weniger Ausschuss, was angeblich die Mehrkosten mehr als wett machen soll. Und angeblich kann man die schon mit einem guten Ball Clay / Kaolin ggf mit etwas Epsom in Lösung halten. .. Ich werde es heraus finden. :D
Ursula28
Beiträge: 443
Registriert: Montag 10. März 2014, 17:03

Re: Frittenfrust

Beitrag von Ursula28 »

Hallo Dirk,
im BSZ Katalog sind die Segerformeln angegeben und auch Online sind sie einsehbar. Bei C.Jäger sind die Segerformeln online nicht angegeben. Sie stehen aber im Katalog. Bei Wolbring ist die Segerformel online auch einzusehen.
Um eine Glasur in Schwebe zu halten gibst Du 1 Tee- bis 1 Eßlöffel auf 5 - 8 Ltr. hinzu.
Außerdem wiegst Du auf die Trocken Eiwaage 1 - 2 % Bentonit hinzu.
Wie hoch willst Du eigentlich brennen.
https://www.booklooker.de/B%C3%BCcher/E ... kb9hC01ZZi
In diesem Handbuch sind gute Rezepte.
Gruß Ursula
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Herr Grau
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Re: Frittenfrust

Beitrag von Herr Grau »

Ursula28 hat geschrieben: Dienstag 1. Oktober 2019, 19:32 Wie hoch willst Du eigentlich brennen.
Das ist eine sehr gute Frage. Da ich mich erstmal auf funktionelle Keramik konzentrieren möchte - Teller, Tassen, Schüsseln, Vasen -, wird es wohl Steinzeug werden, damit ich sie ausreichend dicht brennen kann, weiß, entweder unschamottiert oder mit geringem Schamottanteil. Der Brennbereich wird vermutlich damit ungefähr 1200-1250°C werden. Genaue Temperatur muss ich dann mit dem jeweiligen Ton testen.
Mir ist schon klar, dass das ein Bereich ist, wo man traditionell sehr gut mit Rohstoffen statt Fritten arbeiten kann.
Yaki
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Re: Frittenfrust

Beitrag von Yaki »

Herr Grau hat geschrieben: Mittwoch 2. Oktober 2019, 07:22
Ursula28 hat geschrieben: Dienstag 1. Oktober 2019, 19:32 Wie hoch willst Du eigentlich brennen.
Mir ist schon klar, dass das ein Bereich ist, wo man traditionell sehr gut mit Rohstoffen statt Fritten arbeiten kann.
Das trifft eher zu für den Bereich ab 1250°C.
Ursula28
Beiträge: 443
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Re: Frittenfrust

Beitrag von Ursula28 »

Hallo Dirk, ich brenne bei 1240°C und verwende keine Fritten.
Außerdem sind diese ja auch teurer als z.B. Feldspäte und Carbonate.
Sinn macht es Fritten einzusetzen um einen Wasserlöslichen Rohstoff ein zuführen.
Gruß Ursula
Migla
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Re: Frittenfrust

Beitrag von Migla »

Hallo, Die Formeln der einzelnen Segerkegel eignen sich sehr gut als Grundlage zur Entwicklung von Glasuren, denn ein Kegel, der40- 60‘C über der Nenntemperatur gebrannt wird, fließt zu Glasur aus.
Gruß migla
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