Expertenrat bei ovalen Reliefs in Gießtechnik?

Diese Rubrik ist für alle die noch ganz neu zum Thema Ton gekommen sind und Hilfe bei den absoluten Basisthemen benötigen.
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Luftgeschäft
Beiträge: 3
Registriert: Donnerstag 18. Mai 2017, 22:10

Expertenrat bei ovalen Reliefs in Gießtechnik?

Beitrag von Luftgeschäft »

Liebe KollegInnen,

kann uns jemand bei folgendem Problem mit Rat weiterhelfen?
Wir haben ca. 35 x 25 cm große, ca. 1cm flache Reliefs gegossen mit 0% Schamotte Giesston der Firma Witgert. Alle Scheiben wurden langsam zwischen 2 Fermacellplatten getrocknet und nun ebenso langsam geschrüht (75 Grad/h auf 950 Grad, 15 min halten und dann langsam (200 Grad/h) abgekühlt.
Leider sind wirklich alle Platten im Schrühbranbd gerissen! Die Risse sind sehr stark, es sieht aus wie Spannungsrisse, wie Blitzeinschläge von der kurzen Seite aus in die Mitte verlaufend. Jetzt vermuten wir entweder:
1. das Oval ist zu schwierig zum brennen;
2. Oval in Verbindung mit dem Relief (ca. 2-3mm stark) ist zu spannungsreich;
3. Die Schamotte fehlt; (falls ja, wieviel muss zugesetzt werden und worauf ist zu achten?)
4. Die Scheiben sind vll. doch zu langsam getrocknet wurden?
Oder treffen alle Möglichkeiten zu? Hat jemand Erfahrung mit dem Brennen solcher Platten?
Die Giesform ist Anfangs auch geschlossen gewesen (Oben und unten= Kopf /Zahl), in weiteren Vorgehen, haben wir die Reliefs nur einseitig gegossen (nur Kopf) und die abschliessende Gipsform weggelassen. Als sich ein Scherben gebildet hat, wurde die Form entnommen und getrocknet. Könnte in diesem Arbeitsschnitt ggf. auch ein Fehler entstanden sein?
Vielen lieben Dank für eure Ratschläge!
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Migla
Beiträge: 434
Registriert: Montag 26. Dezember 2011, 21:27
Wohnort: Wuppertal

Re: Expertenrat bei ovalen Reliefs in Gießtechnik?

Beitrag von Migla »

Hallo, zu langsames Trocknen gibt es nicht, aber ungleichmäßiges Trocknen schon. Der Wassergehalt/Feuchte muss an allen Punkten des Rohlings gleich sein damit sich nicht unterschiedliche Schwindungsraten in die Quere kommen. Dann sind Risse vorprogrammiert. Einer muss nachgeben und reißen, feucht oder trocken. Die Folgen können dann durchaus erst beim/nach dem Brand sichtbar werden. Wenn gleichmäßig nicht geht hat sich langsames trocknen von innen nach außen bewährt.VG migla
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Bertram
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Registriert: Sonntag 28. Juni 2020, 22:26

Re: Expertenrat bei ovalen Reliefs in Gießtechnik?

Beitrag von Bertram »

Bei großflächigen, flachen Keramiken habe ich des öfteren von diesen Problemen gehört. Seit über 20 Jahren ging bei mir so etwas eigentlich nicht mehr beim schrühen kaputt. Ich schrühe solche Formate hochkant. Flach liegend (vor allem ohne Lochplatte), gab es davor zu oft solche Risse.
Ist die Plakette nicht auch durch aufdrücken einer Platte herstellbar? Zementfein schamottierte Masse sollte ausreichen. Aber schon klar - 100% alle Ecken erwischt man wahrscheinlich nie. Habe noch nie Schamotte in Gießton gehabt oder gebraucht. Kann es mir aber nur mit zementfein vorstellen. Gießton ist schon mager. Da noch mal mit Schamotte magern und es wird eben auch sehr Trockenbruch gefährdet. Aber da halte ich mich mal raus. Allerdings erscheint mir 1cm Dicke bei einem Gießartikel auch als viel.

Trocknung sehe ich persönlich hier nicht als Fehlerquelle. Ich tippe wie gesagt auf die Lage im Ofen.
Konnte man nicht ganz normal trocknen? Also Rohling der Form entnehmen und wenn halbwegs anhebbar, immer mal im Trocknungsprozess umdrehen. Wenn es sich ein klein wenig doch biegen sollte, muss man eine entsprechende Glattbrand Temperatur bzw Halterzeit wählen, dass sich alles im Glasurbrand zurück bewegen kann. Eine Schicht feine Schamotte darunter kann nicht schaden. Dann fängt man die Brennschwindung ab. Aber das halte ich auch nur für optional.
Luftgeschäft
Beiträge: 3
Registriert: Donnerstag 18. Mai 2017, 22:10

Re: Expertenrat bei ovalen Reliefs in Gießtechnik?

Beitrag von Luftgeschäft »

Hallo Bertram,

vielen Dank für deine Nachricht!
Hochkant im Ofen brennen, - das ist interessant... aber im Glasurbrand kann ich das nicht wiederholen, da müssen die Scheiben liegen. Oder kann man hochkant brennen und das Problem taucht dann im Glasurbrand nicht noch einmal auf?
Ich hatte noch gelesen, dass Quarzsand als Unterlage helfen kann, Lochplatten habe ich gerade nicht, aber wir haben auch eine Version Scheiben gegossen, die Löcher haben (ca. 16Stk/1 cm), - das könnte die Spannung hoffentlich auch herausnehmen, oder ist doch die Trocknung das Problem?
Und was ist eine Glattbrandtemeratur?
Vielen Dank und beste Grüße!
S.
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Bertram
Beiträge: 86
Registriert: Sonntag 28. Juni 2020, 22:26

Re: Expertenrat bei ovalen Reliefs in Gießtechnik?

Beitrag von Bertram »

Glattbrand = Glasurbrand. Andere Bezeichnung.
Ich gehe davon aus, dass das Problem beim zweiten Brand nicht auftritt. Wenn doch, musst du schauen, ob die Glasur an der Bruchkante scharfkantig ist. Das wäre dann ein Kühlriss. Rund Kanten = Problem vor erreichen der Endtemperatur. Dann weiter sehen. Erst mal die Ware durch den ersten Brand bringen.
Natürlich müssen die Keramiken im Glasurbrand liegen. Und ich meine -FALLS- sich die Platten beim trocknen verziehen, dann kann man es im Glasurbrand wahrscheinlich korrigieren. Halt mit einer zur Masse passenden Temperatur bzw Haltezeit. Normalerweise ist Gießkeramik nicht so voller Spannungen, wie die gedrehten Stücke. Ich sehe die Probleme weniger, im zweiten Brand. Aber auch wenn du hochkant stellst, bei vielen Ovals sollte etwas Abstand sein. Also versetzt stellen oder im Winkel etwas variieren. Ich mache das durchaus an die Ofenwand vom Toplader. Nicht an die Spiralen.
Ja Quarzsand geht. Aber halt nur, wenn du es musst. Weil wenn es nicht der unterste Ofenboden ist, machst du neue Fehlerquelle durch eventuellen Befall auf.

Als generelles Problem sehe ich eigentlich nicht die Trocknung. Ich denke einfach, es sind Temperaturunterschiede im Stück selber. Flach aufliegend hat es nur die Temperatur der Ofenplatte unten, während die wahrscheinlich heißere Luft darüber ist. Hör halt zusätzlich mal beim schrühen zu, ob bei 573°C im Ofen was "bing" macht. Da ist der größte Quarzsprung.
Trocknung kann sein und ich will nicht vehement Migla widersprechen. Klar 1cm ohne Schamotte ist eine Nummer. Wenn ich mal doch mit dem trocknen schludere, wirkt sich das dann aber doch anders aus. Es zerfliegt in viel mehr Teile, statt dass es nur einen Riss bekommt.
Aber hier bin ich nur beim spekulieren und meinen Erfahrungen. Wäre aber schon blöd, wenn man solch Aufwand beim trocknen umsonst macht.
Probier es aus. Genau das macht den Job doch aus.
Luftgeschäft
Beiträge: 3
Registriert: Donnerstag 18. Mai 2017, 22:10

Re: Expertenrat bei ovalen Reliefs in Gießtechnik?

Beitrag von Luftgeschäft »

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Wir haben jetzt Schamotte zugesetzt und probieren zusätzlich den Brand hochkant (mit den Stücken die noch keine Schamotte hatten).
herzliche Grüße
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Bertram
Beiträge: 86
Registriert: Sonntag 28. Juni 2020, 22:26

Re: Expertenrat bei ovalen Reliefs in Gießtechnik?

Beitrag von Bertram »

Schreibe bitte unbedingt vom Ergebnis, damit wir alle Informationen und Schlüsse daraus ziehen können.
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