Erst Ausbildung, dann Studieren oder anders herum?

Hier bitte nur Fragen zur Ausbildung, Gesellenprüfung und dazugehörig stellen.
trish
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Re: Erst Ausbildung, dann Studieren oder anders herum?

Beitrag von trish »

Ja aber was ist, wenn man schon kurz vor der Rente ist und dann noch ordentlich töpfern lernen will? :green:
Bobbl
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Re: Erst Ausbildung, dann Studieren oder anders herum?

Beitrag von Bobbl »

trish hat geschrieben: Sonntag 7. April 2019, 22:16 Ja aber was ist, wenn man schon kurz vor der Rente ist und dann noch ordentlich töpfern lernen will? :green:
keine Vorsorgevollmacht unterschreiben, dann gibts lebensverlängernde Maßnahmen und man kann alles gründlich lernen :green:
trish
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Registriert: Mittwoch 30. Januar 2019, 13:37

Re: Erst Ausbildung, dann Studieren oder anders herum?

Beitrag von trish »

Ja super, dann ist das auch geklärt. Also falls noch jemand nen spätberufenen Lehrling oder Praktikanten sucht, bitte melden :green:
paulahr
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Re: Erst Ausbildung, dann Studieren oder anders herum?

Beitrag von paulahr »

Ich muss sagen, das ich die Unterhaltung dennoch Interessant fand von euch. :lol:

Ich habe zudem in Hamburg eine Werkstatt gefunden, die eine Keramikwerkstatt hat. Dort werde ich dann mich anmelden und kann so mindestens ein Mal die Woche meine (neu erkannte) Leidenschaft ausleben. Und wie gesagt, falls es mir nach dem ersten Jahr nicht gefällt, werde ich sofort die Lehre anfangen und als Töpferin durchstarten :daumen:

Mal ganz direkt gefragt, seid ihr alle selbstständige Töpfer oder macht ihr das nebenberuflich ?
Bobbl
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Re: Erst Ausbildung, dann Studieren oder anders herum?

Beitrag von Bobbl »

wir machen das aus Langeweile :green:
hille
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Re: Erst Ausbildung, dann Studieren oder anders herum?

Beitrag von hille »

Nebenberuflich selbständig sein ist schwierig und funktioniert meiner Meinung nach nicht wirklich. Allerdings kenne ich einige KollegInnen, die noch einen Nebenverdienst haben, damit sie finanziell über die Runden kommen.
Maria Ortiz Gil
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Re: Erst Ausbildung, dann Studieren oder anders herum?

Beitrag von Maria Ortiz Gil »

Ich hatte nach chaotischer Lehrzeit und Arbeit in verschiedenen Werkstätten ab 1984 eine eigene Werkstatt (mit zwei anderen zusammen: Minikollektiv ALFAR in Westberlin) und davon konnte ich bis Anfang der 2000er Jahre leben, wenn auch bescheiden. Immerhin mindestens 16 Jahre.
Danach habe ich neben der Keramikherstellung jede Menge Kurse gegeben, in- und außerhalb meiner Werkstatt. 2003 habe ich aus Erschöpfung eine Weile aufgegeben, heute würde man sagen, dass ich einen Burnout hatte. Aber schon ein Dreiviertel Jahr später hatte ich wieder eine kleine Werkstatt und von da an habe ich mich wieder hochgepäppelt. Davon leben könnte ich aber nicht mehr, dazu müsste ich viel mehr Energie in den Verkauf stecken, die ich einfach nicht mehr habe. Aber bei mir geht es ja auch schon gegen Ende der Laufbahn zu.

Schönen Gruß
Maria
paulahr
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Re: Erst Ausbildung, dann Studieren oder anders herum?

Beitrag von paulahr »

Ich muss dennoch sagen, das ich eure Diskussion unterhaltsam und informativ fand. Und wie gesagt, ich werde das Jahr wahrscheinlich ausprobieren an der Uni und falls es nicht mein Fall sein sollte, werde ich nächstes Jahr direkt die Ausbildung anfangen. Zudem habe ich in Hamburg (wo ich wahrscheinlich studieren werden) eine Handwerkstatt für Frauen gefunden, die auch eine Keramik Werkstatt haben. Dort werde ich mich auf jeden Fall anmelden zu der Zeit. :daumen:

Ich wollte dazu mal fragen, wer von euch beruflich Töpfer*in/Keramiker*in ist?
hille
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Re: Erst Ausbildung, dann Studieren oder anders herum?

Beitrag von hille »

Meinst du mit Ausbildung, oder wie? Ich kenne zwar nicht alle, die geantwortet haben, aber ich glaube wir haben alle eine.
Maria Ortiz Gil
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Re: Erst Ausbildung, dann Studieren oder anders herum?

Beitrag von Maria Ortiz Gil »

Bei mir war es ein kleiner "Krimi" und ich schreibe den mal auf, in der Vorstellung dass sich die Zeiten geändert haben und so etwas hoffentlich nicht mehr vorkommt:

Das meiste habe ich in meiner Lehrwerkstatt jedenfalls nicht von der Meisterin gelernt, die war mehr auf Mobbing spezialisiert (deshalb Lehre abgebrochen), sondern von der dort arbeitenden Gesellin und im Austausch mit anderen Keramikern.

Mitte der 1980er Jahre habe ich als Externe eine Gesellenprüfung gemacht, die ich gerichtlich gegen die Töpferinnung Baden Württemberg durchsetzen musste, was zwei einhalb Jahre gedauert hat. (in der Besetzung jener Innung saß auch die Meisterin, von der ich davon gelaufen war. Dass ich trotzdem weiter komme, konnte sie scheinbar nicht ertragen und hat alles in Bewegung gesetzt, damit ich nicht geprüft werde. Man hat mir damals vorgeworfen die Prüfung "erschlichen" zu haben.)

Tatsächlich war ich am gleichen Tag, an dem ich die Lehre abgebrochen hatte, zur Handwerkskammer gegangen um mich zu erkundigen, welche Folgen das hat und wie es für mich weitergehen könnte. Dort informierte man mich darüber, dass wer die doppelte Zeit einer Lehre in Töpferwerkstätten gearbeitet hat, das Recht hat sich extern, also ohne Lehrmeister, zur Prüfung an zu melden. Da ich vor Beginn der Lehre schon als Helferin in einer Werkstatt gearbeitet hatte, fehlte mir dazu nur noch wenig Zeit, die ich dann wo anders noch zusammen bekommen habe. Ich habe den theoretischen Teil selbst gebüffelt und mich bei der Handwerkskammer mit den entsprechenden Nachweisen selbstständig zur Prüfung angemeldet und die entsprechenden Papiere dazu bekommen.

Die theoretische Prüfung wurde von der Berufsschule abgenommen und ich habe sie mit einer guten Note abgeschlossen.
Die praktische Prüfung aber wurde einige Wochen danach von der Innung abgenommen, in der eben jene Meisterin saß. Als diese meinen Namen unter den Prüflingen gesehen hat, muss sie interveniert haben, denn ich bekam wenige Tage vor dem Termin einen Brief von der Innung, in dem stand, dass ich nicht zugelassen bin, eben mit dem Vorwurf der "Erschleichung der Prüfungszulassung".

Ich konnte mir denken, woran das lag und habe der Werkstatt, in der die Prüfung stattfinden sollte, Bescheid gesagt, dass ich dennoch käme und noch eine eigene Drehscheibe mitbringen würde, für den Fall, dass man behaupten könnte, dass für mich kein Platz vorgesehen sei. Es haben mich damals einige andere Töpferlehrlinge zur Unterstützung begleitet. Diese Solidarität hing übrigens irgendwie mit den Anfängen des Kalkspatzes zusammen! Die Vertreter der Innung, die die Prüfung abnehmen sollten (Madame war nicht dabei), haben mich trotzdem wieder nach Hause geschickt. Diese Situation erinnere ich heute wie eine Sequenz aus einem absurden Film. Versteinerte Leute weigern sich zu zu hören oder schriftliche Nachweise an zu schauen.
Auf der anderen Seite ein Häuflein verstörter Hippies in Latzhosen.

Ich suchte mir einen Anwalt und verklagte die Innung. Letztendlich handelte diese gegen die Weisung der Handwerkskammer mich zu prüfen. Ein Jahr später war die Gerichtsverhandlung, die ich gewonnen habe. Auch damals haben mich Leute begleitet, die irgendwie mit dem Kalkspatz zu tun hatten.
Bei der Verhandlung kamen Sachen zur Sprache, die mit meinem Fall konkret nichts zu tun hatten, so z.B., dass die Prüfungskommision der Innung in den 10 Jahren davor nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen war und man somit eigentlich sämtliche praktische Prüfungen davor hätte für ungültig erklären müssen. Auch in der Berufsschule wurde irgend ein Misstand aufgedeckt, an den ich mich aber nicht mehr erinnere. Eine Werkstatt, für die ich vor der Lehre auf Rechnung gearbeitet hatte, hatte nicht sachgemäß versteuert und bekam Probleme mit dem Finanzamt. Ich bekam darauf hin böse Anrufe der betroffenen Verantwortlichen, die mir die Schuld an den ihnen durch ihr eigenes Fehlverhalten entstandenen Unannehmlichkeiten gaben. (So leicht kann man zum Umstürzler werden!)
Und die Innung beantragte eine Revision!

Weitere anderthalb Jahre später gab es eine weitere Verhandlung, die ich wieder gewonnen habe. MItlerweile saß ich ganz alleine auf dem Bänkchen nur mein damaliger Freund war noch dabei. Ich durfte endlich eine Gesellenprüfung machen. Die Motivation dazu hatte inzwischen nichts mehr mit dem Handwerk zu tun, sondern nur noch die, dass ich mir diese Ungerechtigkeiten nicht gefallen lassen wollte.
Die Lust, mich auf eine Meisterprüfung ein zu lassen war mir vollständig vergangen. Ich zog nach Berlin und machte eine Werkstatt auf. Dort ging es auch so

Ist das alles nicht absurd? Vermutlich aus einem rein persönlichen Grund entstanden, weil jemand den Machtverlust nicht aushält?

Mitte bis Ende der 1970er Jahre war Töpfern groß in Mode gekommen und einige Werkstätten funktionierten hauptsächlich mit billig entlohnten Lehrlingen, von denen manche unter unmöglichen Umständen ausgebeutet wurden. Deshalb mein Rat:
Genau hin schauen, bei wem man landet.

Schönen Gruß,
Maria
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