Kinder gestalten Fassade des Haus Steinstraße

Von Juliane Peter


Ich bin Juliane und arbeite seit September 99 als Praktikantin für 1 Jahr im Haus Steinstr.

Nach den er­sten Tagen des Kennenlernens zog es mich zu dem bunten Trei­ben auf der Baustelle. Und so kam ich zu dem Projekt „Baustelle - be­treten er­wünscht“. Dem eben genannten Projekt ging im Juni ’97 der 1. Teil voraus, wo es darum ging, die Mauer am Eingangsbereich lebendig und einladend zu gestalten. Es dauerte nicht lange, so wurden die Pläne der Erwachsenen für die Gestaltung der Mauer zurückgenommen. Und Kinder wurden nach ihren Ideen zur Gestaltung be­fragt. Das Ergebnis war eine lebendige, himmelblaue Mauer zum anschauen, spielen, draufsetzen und reiten. Auf Grund dieser Erfahrungen sollten die Kinder jetzt genauso mit einbezogen werden.

Hier ein Report über die „Baustelle - betreten erwünscht“.

Die Kulturwerkstatt liegt in Connewitz/Südvorstadt von Leipzig. Der Verein ist unter Kin­dern, Jugendlichen und Erwachsenen eine einschlägige Adresse. Da große wie kleine Künstler die Gelegenheit haben, ihren Fantasien und Ideen freien Lauf lassen zu können. Unter vielen interessanten Werkstätten gibt es da eine Keramikwerkstatt, in der die Besu­cher ihre eigenen gestalteri­schen Ideen vom ersten Entwurf bis zum fertig glasierten Kunstwerk selbst erarbeiten können.

Für die letzten Septemberwochen wurde das Projekt „Baustelle - betreten er­wünscht“ spontan begonnen. Auf der Baustelle sollten die Kinder bei der Ge­staltung einer Mosa­ikfliesenwand am Eingangsportal und einem Aquarium mit bunt wimmelnden Meeresgetier an der Südseite direkt mit einbezogen werden. Glücklicherweise blieb dem Haus-Steinstraße-Team der bürokrati­sche Hürdenlauf um die Bewilligung der nötigen Förder­gelder erspart. Der Grund für die schnelle Finanzierung war die gute Zusammenarbeit mit dem Kulturamt Leipzig, das das Projekt spontan bewilligte. Jetzt konnte das Pro­jekt in den Programmheften vorgestellt und veröffentlicht werden, um alle kleinen und großen Künst­ler herzlich zum Mitgestalten einzuladen.

So stand ab Nachmittag von 14 - 17 Uhr die Baustelle mit Gerüst, Farben, Pinseln und Handwerkszeug für jeden, der Lust hatte mitzumachen, offen. Wir (Jana, die Kinder und ich) erhielten professionelle Unterstützung von ei­ner Kerami­kerin und einer Architektin. Insgesamt arbeiteten ca. 50 weitere Bauleute an diesem Pro­jekt mit. In dieser Zeit wurde gemeinsam Ton ge­knetet und ausgewalzt, Figuren geformt und bemalt. Auf das Dach sollte eine schöne große Figur, die den ganzen Hof überblicken kann. Bei der Idee für das erste Tier half uns Sarah. Sie formte in einem vorigen Kurs ein kleines, fast pimpeliges, rotes Kamel. Dies gefiel uns so gut, daß wir daraus ein riesi­ges, rotes Dromedar aus Ton modellierten. Mindestens zwei Bauleute form­ten und kneteten ca. eine Woche, bis es gebrannt und glasiert werden konnte. Bei der zweiten Figur kam Jasmin, ein kleines Mädchen aus der Nachbar­schaft zu Hilfe. Sie fand das Dromedar schrecklich einsam so allein auf dem großen Dach. Und die Ge­fährtin sollte eine große Gans werden.

In­teressan­terweise wurde aus der Gans eine statt­liche, reichgeschmückte El­ster.

Auch die Ge­staltung der Meeresbewoh­ner wurde dabei fast ausschließ­lich den Händen der Kinder an­vertraut. Aus Büchern und Bildmaterial entstanden far­benprächtige Meeres­bewoh­ner nach reali­stischen Moti­ven.

Stück für Stück näherte sich das inzwischen ein­geschworene Team der Fer­tigstellung. Täg­lich wurde die vorher kahle Wand um ein paar Farbtupfer be­reichert. Für kleine und große Bauar­beiter war es schön zu erle­ben, wie die verschiedenen, mühsam erar­beiteten Teile des Puzzles täglich ein biß­chen mehr zu einem ge­schlossenen Gesamtbild wuchsen.

Die Arbeit mit natürlichen Materialien be­reitete den Kin­dern großen Spaß. So ka­men man­che von ihnen regelmäßig, andere schauten sporadisch vorbei und nutzten das offene An­gebot zum Mitmachen und Spielen.

Besonders für Stadtkinder bieten sich kaum Gelegenheiten, Erfahrungen mit natürlichen Materialien und Handwerk zu sammeln. Aus diesem Grund war die Arbeit mit Ton, Farbe, Pinsel, Fliesenkleber, Baugerüst und eigenen Ideen ein wichtiger Beitrag zur Abwechslung im gewöhnlichen Alltag der Kin­der.