Von
Mosbach aus kommend muss man mit dem Auto bis Eberbach fahren um
über die große Brücke auf die linke Seite des Flusses zu gelangen.
Dann geht es einige Kilometer über eine schmale Straße zurück nach
Rockenau. Man kommt über eine noch schmälere Waldstraße nach Krösselbach,
einem Ensemble aus mehreren aneinandergereihten Gebäudeteilen, dem
sehr großen Werkstattkomplex mit Verkaufsräumen und einem heimelig
wirkenden und einladenden Wohnhaus. Dann ist die „Welt zu Ende“,
die befahrbare Waldstraße hört auf, nur ein Weg führt weiter am
Flussufer entlang.
In
Rockenau hatten wir eine über zwei Stockwerke hohe eindrucksvolle
Gestaltung aus Keramik an einer Hausecke mit dem Namen Schließler
entdeckt. Man sieht, das Kunstwerk ist schon etliche Jahre alt,
aber von zeitloser Schönheit und Aussagekraft. Von Alfred Schließler,
dem heutigen Hausherrn und Töpfermeister von Krösselbach erfahren
wir, dass es von seiner Mutter, die Graphikerin war, stammt. In
der Werkstatt entdecken wir eine schöne Wandgestaltung mit Reiher.
Sie stammt von der Tante. Diese Wand war vor einem weiteren Anbau
einmal Außenwand gewesen.
Wir,
das kleine Töpferblatt-Redaktionsteam mit etwas Anhang hatten uns
selbst bei Alfred Schließler, dem Obermeister von Baden-Württemberg,
eingeladen. Nun machten wir einen Gang durch die vielfältigen Werkstatträume.
Alles sehr ordentlich, sauber, aufgeräumt. Doch ich spüre auch etwas
Wehmut. Ich denke an den vorbeiströmenden Fluss, es ist ein Kommen
und Gehen, ein stetes Werden und Vergehen.
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Ich
war als junger Mann mit meiner damaligen Freundin und heutigen Noch-immer-Ehefrau
auf einer Reise von Freiburg nach Wuppertal über Heidelberg nach
Mosbach unterwegs um Freunde zu besuchen. Da entdeckten wir die
Töpferei Krösselbach und besuchten sie. Ich erinnere mich lebhaft
an das pulsierende Leben und Treiben, das emsige Wirken und Schaffen.
Ich hatte noch keine Ahnung von Keramik aber schon damals viel Interesse
an handwerklicher Arbeit und Kunsthandwerk. Doch heute ist es hier
ruhig, sehr ruhig. Es ist aber auch Sonntag. Die Arbeit ruht ja
sowieso. Man spürt jedoch den Hauch der Geschichte, den der Veränderung
und Vergänglichkeit.
Alfred
erzählt uns, wie sein Großvater aus Schwetzingen vom Fluss aus die
romantische Stelle an dem Einfluss des Krösselbaches entdeckte und
sie zum Bau eines Wochenendhauses nutzte. Seine Großmutter besorgte
eine Töpferscheibe und engagierte einen Töpfer. So begann um 1946
die Töpferei Krösselbach. Es wurde Gebrauchsgeschirr und Dinge des
täglichen Lebens hergestellt. In den sechziger Jahren wurden über
20 Leute beschäftigt. Man musste immer wieder erweitern, anbauen,
umstrukturieren und umgestalten. Dann aber auch wieder reduzieren,
neue Produkte finden, sich dem Zeitgeschmack und den veränderten
Bedingungen anpassen, Betrieb und Personal reduzieren.
Der
kleine Weiler Krösselbach liegt sehr abseits und die Wanderer und
Radtouristen, die vor allem im Sommer nun vermehrt vorbeikommen,
nehmen nichts mit. So muss die Töpferei sich selbst nach außen wenden
und Vermarktungsmöglichkeiten suchen. Daher nimmt die Töpferei Schließler
auch an etwa 17 Märkten in Deutschland teil. Ein Knochenjob!
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Alfred
Schließler ist jedoch ein innovativer Mann. Er stellt sich der Zeit
und ihren sich wandelnden Bedingungen, gerade den vielfältigen Veränderungen,
die das Töpferhandwerk besonders betreffen. Er sucht immer wieder
nach Lösungen, nach neuen Wegen und das nicht nur für sich.
In
seiner Werkstatt dreht und gießt er die braune Ware selbst mit selbstgewonnenen
und aufgearbeiteten Massen, die weiße Ware, vor allem Teller, Schüsselchen
o.ä. kauft er roh zu und dekoriert sie mit mehrfarbigen modernen
Mustern und samtmatten Glasuren. Die Produktpalette reicht von Gartenfiguren,
feinem Gebrauchsgeschirr bis zu Steh-Lampen und Kunstobjekten, teils
von klein bis sehr groß, eben alles was so ein Meister seines Faches
alles kann. Und alles ist meisterlich perfekt gearbeitet, ansprechende
klassische und auch eigene Formen, Gestaltungen und warme Glasuren
und Farben.
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Das
Verkaufsangebot im Laden wird noch durch ausgewählte Erzeugnisse
einiger befreundeter Töpfer und Töpferinnen erweitert.
Bei
Tee und Kaffee im gemütlichen Wohnzimmer, ständig den strömenden
Fluss vor Augen, unterhalten wir uns weiter über die Veränderungen
und besonderen Bedingungen im Töpferhandwerk. Alfred
erwartet nicht, dass eines seiner beiden z.Zt. 12 und 14jährigen
Kinder unbedingt in diesen Beruf einsteigen und den Betrieb einmal
weiterführen wird. Sie müssen ihren eigenen Weg suchen und finden.
Heute denkt und plant man nicht mehr in, über und für Generationen.
Die Zeit läuft und wir laufen mit.
Bereichert
an Eindrücken und Gedanken und mit einem herzlichen Danke schön
verabschieden wir uns und verlassen den schönen, romantischen aber
schattigen Ort, von dem man nicht über das nächste Ufer hinaussehen
kann.
Wilfried
Boch
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