kalkspatz Töpferblatt Juli '96

Der Erlebnisbericht der Ute S. - wie es wirklich war.

Die Ziegelei Hundisburg ist seit 1990 ein produzierendes Technisches Denkmal, d.h. es werden Steine und Platten hauptsächlich für andere Denkmäler im traditionellen Handstrichverfahren hergestellt und im Holzfeuerofen gebrannt.

In der Zeit wo wir da waren, wurden gerade 6000 Fußbodenplatten für das Kloster bei Halle produziert. Für eine Platte 38cm X 35cm X 5cm (im Feuchtmaß) muß ca. 25Kg Ton mit Wucht in eine vorgeölte Metallform geworfen werden.

Dieses Krachen (120 Platten am Tag), wenn der Ton in die Form fällt, begleitete uns die ganzen drei Wochen, teilweiseauch nachts, weil mehrschichtig gearbeitet wurde. Da wir die Werkstatt mit den Arbeitern der Ziegelei teilten.

Der Kontakt zu den Arbeitern hat Spaß gemacht, einige sind ausgesprochen Pyromanen, die für das Brennen des Ofens zuständig sind und auch schon vor 1990 in der Ziegelei gebrannt haben, Nachts mit ihnen am Feuerloch zu sitzen und sich zu unterhalten oder sich Tags "wilde" Rechnungen anzuhören, wie viele Gehwegplatten aus dem Ton einer Skulptur gemacht werden könnten....

Die Leitung der Ziegelei hingegen zeigt wenig Interesse an unserer Arbeit und vermittelte mir den Eindruck lästig zu sein, wenn ich nach einem Brett als Unterlage für meine Arbeit fragte oder von uns als Künstlern sprach, die vor Tonspritzern geschützt werden mußten und den Besuchern der Ziegelei gesagt wurde, das sie in unserer Gegenwart leise sein sollten, wobei es zwischendurch immer ohrenbetäubend knallte...

Wir waren acht Teilnehmer des Symposiums, vier Kunststudenten von der Burg Giebichenstein, darunter Rudolfo aus Nicaragua und Ok Young aus Südkorea. Die anderen drei sind freischaffende Künstler schon zu DDR-Zeiten. Und ich bin gerade dabei mir hier eine Existenz zu gründen.

Da ich eine Töpferlehre hinter mir habe, war es nicht nur spannend zu erfahren, wie ein Kunststudium verläuft, sondern auch darüber zu reden wie die Preisfindung bei einer Skulptur aussehen könnte. Denn ich war ziemlich sprachlos, als ein Besucher spontan nach dem Preis meines Tischkantensitzer fragte.

Beispiel für ein schlechtes Verkaufsgepräch:

"Was soll er denn kosten?"

"Tja, äh, keine Ahnung."

"Nun sagen sie doch mal, nur so ungefähr?"

"Naja, .... der ist ja noch gar nicht fertig!"

"Aha - (und geht)"

Wir waren ein bunt zusammengewürfelter Haufen und wären Anna und Rudolfo nicht schon letztes Jahr dabei und mit den Gegebenheiten vertraut gewesen, hätte ich mich ziemlich verloren gefühlt.

Am Anfang stand das Organisieren des Arbeitsplatzes, plus näheres Arbeitsumfeld. Dann Beschaffung des Tones, der angerührt im Bäckerkneter direkt aus der Strangpresse kam. Dann das Auseinander- und Zusammensetzen mit dem Ton der grobschamottiert war, teilweise Kieselsteine und Riesenholzspäne enthielt. Extra für uns angerührt. Oh ja. Niemals ist der Ton Schuld. Er hatte die Beschaffenheit von etwas Schlicker mit Riesenklumpen und aus diesem Material hatte ich vor einen Totempfahl von 1,50 bis 2 Meter aufzubauen...?

So schlug ich als erstes einen Blätterstock, und legte die Blätter zum trocknen aus. Doch die erste Woche wollte nicht trocknen, wir brauchten nichts abzudecken und selbst Tonklümpchen die nebenbei gefallen waren, trockneten die Tage über nicht....

Die ersten zwei Teilnehmer fuhren am dritten Tag frustriert nach Haus, um dort ihre Arbeiten vorzubereiten.

Wir anderen blieben in der Ziegelei und übten uns in Geduld und tatsächlich irgendwann, war es dann so weit, daß Wetter wurde besser und der Ton trocknete und irgendwann hatte ich mich mit dem Ton angefreundet. In der zweiten Woche lief insgesamt alles reibungsloser, wir hatten uns in der Werkstatt häuslich eingerichtet in der wir nun auch unser Essen kochten. Für Sauberkeitsfanatiker wäre das nichts gewesen und Ok Young hatte Schwierigkeiten, das alles mit ihrem asiatischen Lebensstil in Einklang zu bringen.

Für mich war es eine Bereicherung mich mit ihr auszutauschen und zugucken zu können wie sie arbeitet. Nächtelang durcharbeiten, 5 Minuten im Schlaf meditieren um Kraft zu sammeln und ihr Konzept auch wirklich durchzusetzen. So entstand eine über 2 Meter hohe abstrakte Figur mit ca. 1 cm Wandungsstärke, die wir am letzten Tag verpackten um sie in eine Kammer des Ofens zu transportieren solange sie noch etwas feucht war.

Das Eingangsloch des Ofens ist nur 1,50 Meter hoch ...

Am Ende hatte ich 200 Handstrichziegelsteine hergestellt aus denen ich meine Säule nach dem Brand hoch mauern will, viele Köpfe und Skulpturen erarbeitet und endlich Ton zur Verfügung gehabt. Trotzdem spazieren gegangen und gut gegessen.....

Es waren alles in allem drei wunderschöne Wochen mit Hochs und Tiefs und vielen neuen Erfahrungen. Mal sehen was von allem nach dem Brand übrig bleibt.

Und "Krach", schon wieder eine Platte fertig. Hast Du Dich etwa erschrocken?


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